Begegnung mit Schizophrenie – Das Wolfsmädchen II

BansheeGrafittoDann war sie dick. Der ganze Körper wie aufgepumpt von den Medikamenten. Sie brauchte es mir nicht zu erzählen. Man bekommt einen Blick dafür. Es war ihr extrem peinlich. In der Psychiatrie. mehrere Monate. Bin doch nicht verrückt. Bin doch nicht schizophren. War wie im Gefängnis. Jeden Tag Medikamente. Woher weißt du das? Dass sie dich noch nicht geholt haben. Sie kann sich gut an alles erinnern. Nur der Tag, an dem sie abgeholt wurde, bleibt schwammig. Polizisten waren da, und jemand vom sozialpsychiatrischen Dienst. Du solltest Dich um eine Wohnung kümmern. Es gibt Angebote. Wenn Du schon unter Betreuung stehst, solltest Du das System auch ausnutzen. Da hast du eigentlich recht. Aber ich mach das Spiel nicht mit, kommt gar nicht in Frage.

Irgendwann zog sie bei T ein. T: Der Winter war schlimm. Als sie anfing sich die Haare schwarz zu färben und Massen von Kajal ins Gesicht schmierte. Und dann das Gerede von ihren Meistern. Du bist nicht prärogativ genug, sagte sie. Ich hab das nachgeschaut. Prärogativ sind unveränderbare Gesetze in der Verfassung. Sie meinte wohl, ich sei nicht bestimmend genug für sie. Es wäre auch nicht gut gegangen. Meine Wohnung taugt nicht für eine Wohngemeinschaft. Nur ein Zimmer, da geht man sich zwangsläufig auf die Nerven. Wie sie sich gefreut hat, als ich dann endlich zustimmte. Erst weigerte ich mich. Wie stellst du dir das vor? Was willst du von mir? Ihren Anteil an der Miete wollte sie zahlen. Hab ich nie was von gesehen. Stattdessen immer die Heizung auf höchste Stufe gestellt. Mir graut schon vor der Gasrechnung. Und dann eine Stunde lang Duschen. Sie sagte nur: war grad so schön, da hab ich ein bisschen geträumt. Ich glaube, sie richtet sich in ihrer Diagnose ein. Meint, sie könne sich jetzt alles erlauben. Aber sie ist ja ehrlich. Ich hab sie auch getestet. Sie steckt kein Geld ein, das rumliegt. Ich glaube, ich bin der einzige, der noch irgendwie Zugang zu ihr hatte. Als ich sie rauswarf, steckte sie mein Telefon ein. Entweder ausversehen oder aus Wut, um es mir heimzuzahlen. Ich will mein Telefon wiederhaben. Da bin ich jetzt echt sauer. Das Telefon werde ich nicht wieder sehen. Die hundert Euro kann ich abschreiben. Das Kiffen ist nicht direkt die Ursache. Aber es verstärkt die Symptome. Eine Ärztin sagte mir mal, es wirkt wie Kleber. Gras ist das Kollagen, das ihr Wahngebäude zusammenhält. Wenn sie nicht kifft, kann man nach einer Weile wieder normal mit ihr reden. Öfters probierte ich, es ihr zu verbieten. Dann schaute sie mich an und sagte: T, hol dir doch noch ein Bier.

AW

(Hier geht’s zu Teil I)

Ein Gedanke zu “Begegnung mit Schizophrenie – Das Wolfsmädchen II

  1. Pingback: Begegnung mit Schizophrenie – Das Wolfsmädchen | meinedrogenpolitik

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s