Stolz präsentieren wir heute einen ersten Gastbeitrag. Mike de Francfort, Experte für Rauschpflanzen im Ruhestand, teilt hier exklusiv seine private Leidenschaft für Wannenbäder und Schaumschlägerei mit den geneigten Lesern von MeineDrogenpolitik:
Ein Produkt der Firma Kneipp, Preis € 3,98 (Drogerie Rossmann). Inwieweit die Firma mit dem Naturheilkundler und katholischen Pfarrer Sebastian Kneipp (1818-1871), dem Erfinder der Kneipp-Kuren, zusammenhängt, kann spontan nicht recherchiert werden. Bekannt geworden durch das Kneipp-Wassertreten und vertrauenswürdig öko-deutsch, hängt das Unternehmen eng mit der deutschen Reformbewegung zusammen – den Hippies der Jahre um 1900… ich bin gespannt. Auf dem Logo eines gern genutzten letztjährigen Produkts (‚Kuschelbad’ mit Ingwer, Kardamom, Honig) prangte noch ein Bild des Pfarrers, auf dem Logo der neuen Flasche nicht mehr. Katholisch ist out, Hanf ist in. Jedenfalls bürgt die altehrwürdige Firma für gewisse Seriosität und der Name des Produkts überrascht ebenso wie die angeblichen Inhaltsstoffe. Ist das noch ein Verkaufsschlager bei Senioren? Oder sucht die Firma nach neuen Käuferschichten? Sollte dieses Produkt den Zensoren der Bundesopiumstelle entgangen sein?
Wie ein Hanf-Mohn-Schaumbad wirken sollte:
Spät abends öffne ich die Flasche. Farbe: betäubendes Lila. Geruch/Geschmackstest: überzeugend. Neben obergärigem Aroma nach Kernseife und Waschlotionchemie wie erwartet süßlich-exotischer Geschmack, fruchtige und kräftige Abgangsnote. Noch ein kräftiger Schluck aus der Flasche, ein ordentlicher Schuss ins heiße Wasser, und ab in die Wanne.
Ich schrecke hoch. Muss wohl ne halbe Stunde eingeschlafen sein… gutes Zeichen… der Mohn! Große Schaben krabbeln träge aus dem Schaum, bunt schillernd, nicht unhübsch. Trotzdem: das muss eine verdorbene Charge sein… Insekteneier… falsch gelagert? Sollte ich mich beschweren? Die Fühler der schönen Tiere kitzeln, während sie sich langsam unter die Haut bohren.
Die Tür geht auf, zwei nackte, bronzefarbene Frauen erscheinen. Haben wir Gäste? Die hätten ja warten können, bis ich fertig mit Baden bin! Sie lachen und zischeln mir süß zu. Ich konzentriere mich, verstehe aber nichts. Sie müssen fremdländisch sprechen. Beide Frauen sind splitternackt und haben volle, schwere Ohrringe. Sie beugen sich über mich, die Ohrgehänge baumeln verlockend über mir. Sie glitzern wunderschön von Silber, Lapislazuli und Rubinen. Die vollen Lippen der einen zittern und Koseworte träufeln schwer und süß auf mich.
He, was ist das!? Zwischen den Beinen der einen Frau tritt eine grüne Katze hervor – wir hatten doch keine Katze, seit… he, der Schwanz der Katze wächst! Er ist schon über einen Meter lang, ringelt sich über die Wanne, peitscht das Wasser, immer wilder. Oh mein Gott!
Lange nach Mitternacht: Ich schrecke aus dem Wasser hoch. Schwere Zunge… Kopfschmerzen! Trotzdem: gutes Zeug, eindeutig kein Betrug. Wertung: 5 Punkte!
Test-Bad, wie es wirklich war:
17:30 Uhr: Ich öffne die 400-ml-Flasche, schönes Design, lavendelfarben mit roten Mohnblüten und grünen Hanfblättern. Das Schaumbad soll neben verschiedenen Parfümen auch Öl von Mohn der Sorte ‚Papaver orientalis’ und von (psychoaktivem) Indischem Hanf (‚Cannabis Sativa’) enthalten. Geruchstest: süß, fruchtig, leicht erdig, angenehm, aber kein Cannabis, auch kein Opium (es soll ja auch nur ‚Roter Mohn’ – gemeint ist wohl Klatschmohn – enthalten und keinen Schlafmohn). Die Empfohlenen 15-20 Minuten Badedauer sind für meinen Langbader-Geschmack eher für Kleinkinder oder Herzpatienten. Farbe: tiefes Lila, ich assoziiere gleich Ruhe und Loslassen. Ich gebe 30 Milliliter in das einlaufende, 39° heiße Wasser und steige in die Wanne.
17:35 Uhr: Ein wohlig-entspanntes Bad in angenehm heiterer Stimmung. Schaum mit festerer Basis, luftig aufquellende Spitzen vergehen bei normalen Waschbewegungen relativ schnell. Angenehmer, eher leichter Duft, allerdings weder nach herbem Harz des indischen Hanfs noch der bitteren Milch des Schlafmohns. Eher eine blumige Mischung aus Bergamotte, Geraniol und Mandarine-Orange. Nicht schlecht – trotzdem ein Punkt Abzug wegen Ent-täuschung.
18:45 Uhr: Bei einstündigem Liegen übliche Badelektüre ohne Konzentrationsstörungen. Trotz überlänger Badedauer keine psychoaktiven Veränderungen. Aber ein durchaus angenehmes Badeerlebnis aus neudeutscher Wellnessproduktion für den drogenfrei lebenden Drogenfreund. Insgesamt ein gehobenes Produkt der modernen Konsumforschung.
Wertung: 4 Punkte.
PS: Werde den Droge(!)riemarkt im Auge behalten. Gibt es bald ‚belebend-vitalisierende’ Shampoos mit ‚Essenz aus peruanischem Koka-Strauch’? Da stehe ich wieder an vorderster Testfront.
MdF