Wer sich mit Drogen und Trance beschäftigt, landet oft beim Schamanismus. Schamanische Weltsichten beschreiben gut im Rausch erlebte Phänomene, ohne die Aufdringlichkeit der organisierten, missionarischen Religionen. Ein Prophet des modernen Schamanismus ist Carlos Castaneda. Als ich anfing zu rauchen, hörte ich, Castaneda schreibt nützliche Sachen über Halluzinogene. Also kaufte ich ein Buch, „Das Feuer von Innen“. Ich hatte das falsche ausgesucht, da stand nix von Drogen. Doch, Castaneda bekam bei ’ner Bergwanderung das Zigarettenrauchen abgewöhnt. Sonst verstand ich nicht viel. Was auch an schlechter Übersetzung liegen mag. Castaneda beschreibt, wie ihm sein Lehrer Don Juan Wissen schenkt. Der Lehrer klopft ihm auf die Schulter und verschiebt damit seinen Montagepunkt. Dann sieht Castaneda die Welt wie sie wirklich ist. Aber es ist komplexer. Es finden sich viele Gedanken, die wir in der westlichen Welt durchaus nachvollziehen, zum Teil schon gedacht haben. Etwa philosophische Beschreibungen der Wirklichkeit oder Ergebnisse der theoretischen Physik. Castaneda verbindet seine Phänomenologie jedoch mit praktischem Anspruch. Damit sind nicht ethische Regeln gemeint, sondern aktives, magisches Handeln, basierend auf den sinnlich erfahrenen Erkenntnissen. Ich hatte mal einen Freund, der gerne viel über Taoismus und Castaneda redete. Irgendwann fand er ein Gruppe, die Tensegrity praktizierte. Angeblich Übungen die auf den Lehren Castanedas beruhen. Einmal begleitete ich ihn und eine seiner neuen Freundinnen auf einem Spaziergang. Sie analysierten einander. Nein, sie ermahnten sich gegenseitig zur Selbstanalyse. Ich glaube, sie nennen das Pirschen. Sie nahmen mich nicht auf in ihre Kommunikation und ich bemühte mich nicht um Aufnahme. Danach brach der Kontakt ab.
Über diesen Freund lernte ich vorher mal einen Schamanen kennen. Der kam aus Montana, USA und war beim Volk der Crow Medizinmann. Ein netter, bescheidener Mann mit einem harten Leben. Der klopfte niemandem auf den Montagepunkt. Er leistete im Reservat, wo er herkam schwerste seelsorgerische Arbeit. Bei Menschen ohne Geld und ohne Zugang zum Gesundheitssystem, dafür mit endemischen Alkohol- und Gewaltproblemen hilft in vielen Situationen nur noch beten.
Wir durften an einer seiner Schwitzhütte teilnehmen. Da sitzt man nackt im Kreis, in einem stockdunklen Deckenzelt, in der Mitte eine Grube glühender Steine. Dann gibt’s Aufgüsse, bis die Schwarte brennt. Und der Heiler ruft seine Hilfsgeister. An dem Tag sollte er den wehen Rücken von jemandem behandeln. Die Geister kamen auch. Die kannte ich schon, hier zu lesen. Es sind die selben, die Schizophrene befallen und dann mit der Stimme des Kranken reden. Hier aber war der Medizinmann Chef und die Geister kuschten. Ob die Geister den Rücken wieder gut gemacht haben, weiß ich nicht. Ich selber war den restlichen Nachmittag ein wenig klarer und wacher als sonst. Bis zum ersten Joint am Abend. Verändert fürs Leben hat es mich auch: Ich finde seit dem Sauna unter 90° C zu kalt.

Der Medizinmann macht in Montana auch Peyote-Rituale, legal als Mitglied der Native American Church. Die beiden fand ich auf einem Wochenmarkt, beide für 5 Euro, die Blumenhändlerin war nur einmal da. Angeblich produzieren sie unter unserer Sonne keinen Wirkstoff. Ich brachte sie durch den Winter, doch im Frühling starb der kleinere. Ich hoffe, er verzeiht mir.
Ich habe auch 2 Peyote und einen San-Pedro-Kaktus auf meinem Fensterbrett. Die Peyotes haben dieses Jahr schön geblüht!
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Und ich bin froh, dass wenigstens einer überlebt hat…
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Ich habe sie über einen Laden bei uns hier im Saarland erworben:
http://www.kakteenshop.lophophora-williamsii.de/
Da die lebende Pflanze in Deutschland (noch) legal ist, kann man sich da die Kakteen in verschiedenen Größen und Mengen leicht bestellen. Auch wenn das vielleicht den Geistern nicht gefällt, wenn man sie nicht selbst von klein auf züchtet.
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Das ist den Geistern durchaus zuzumuten, find ich. Nee, ernsthaft, hab‘ mal gehört, Peyote kann gern mal 30 – 50 Jahre reifen, bis er genußfertig ist. und so viel Zeit hab ich da jetzt nicht eingeplant…
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Diese Tensegrity-Übungen hatte ich auch mal ausprobiert, als der Freund eines Freundes in Studienzeiten damit ankam. Merkwürdiges Zeug. Die Bücher habe ich viel lieber gelesen. Auch wenn ich gar nicht ausschließen will, dass die Kritiker, die sagen, Castaneda habe das eh alles erfunden, recht haben. Man kann ja trotzdem einen Gewinn ziehen aus den Büchern. Peyote & Co. brauche ich aber nicht – mir reicht es, wenn ich darüber lese. 😉
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Freut mich sehr, dass Dir mein kleiner Artikel gefällt, vor allem wo Du wohl mehr dazu gelesen hast als ich. Ich glaube, Castaneda wußte wohl gut, wovon er schrieb. Aber das Werk enthält mehr Reflektion und Interpretation, als in eine ethnologische Doktorarbeit gehört. Aber selbser ausdenken finde ich immer noch besser, als es abzuschreiben. Was ja bekanntlich reicht für deutsche Verteidungsminister…
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Wirklich schön das du dich damit befasst, mich hat dein Beitrag auf jeden Fall gefesselt. So ein Peyote ist auf jeden Fall etwas besonderes, aufgrund seiner Geschichte. Für mich wäre für die schamanische Nutzung ein San Pedro bevorzugt, ich habe schon früher eine Bindung zu ihm aufgebaut, als ich ihn mit Acrylfarben in einem Sturm so abstrakt wie möglich gestaltete 🙂
Wie dem auch sei, diese Planzen sollten in der westlichen Medizin nicht abgelehnt werden, sie bieten viel Heilungspotenzial…
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Ich glaube, wir Menschen können und dürfen und sollten fliegen. Aber nicht wie Vögel oder Wolken. Sondern wie ein Papierdrache, immer mit einer Schnur fest mit dem Boden verbunden. Der Kraftvolle Tritt braucht das feste Standbein. Der Drachen ohne Schnur verweht und endet in Fetzen am nächsten Baum…
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Wahre Worte, wer den Draht zur Realität verliert, wird schnell wie ein Fremder isoliert.
Verantwortungsvoll und in einem therapeutischen Rahmen als Nachtrag zur Aussage: Medizin in der westlichen Kultur 🙂
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