
Die Jugend ist die Zeit zum intensiven Lernen und Experimentieren. In der Begegenung mit anderen kann man sich selbst erkennen und sich ein Weltbild formen.
Im absurd großen Park einer mittelkleinen Stadt gab es einmal eine kleine private Party. Ein Bekannter von Freunden legte Musik auf. Sie hatten Plattenspieler unter einem Pavillon, ein leise summender Benzingenerator gab Strom. Ein Sommertag endete beschaulich und ereignislos auf der grünen Wiese. Pünktlich um 22 Uhr kam eine Polizeistreife, ermahnte uns feiernde Studenten routiniert freundlich, die Musik leiser zu drehen. Die Schwester des DJs tauschte mit der Beamtin Telefonnummern. Bei der nächsten Beschwerde könnte man auf dem kurzen Dienstweg Unannehmlichkeiten vermeiden und den Bürgerfrieden wieder herstellen. Aber die Beschränkung störte uns nicht, wir saßen gemütlich beisammen, niemand wollte tanzen oder mehr Bass.
Die Fremden allerdings hätten es gerne lauter gehabt. Fünf oder sechs Jugendliche kamen in der Dunkelheit. Ihrer Sprache und ihrem Gebaren nach kamen sie aus einem der schlechteren Stadtteile. Lärmend stürmten sie unsere kleine Zusammenkunft. Sie wollten die Musik lauter hören und riefen Liederwünsche. Ihr Auftreten hatte durchaus Aggressivität, aber niemand ging darauf ein, wir saßen friedlich und hörten unsere Musik. Irgendwann zogen sie wieder ab, ließen sich aber in der Nähe nieder. So hätte es bleiben können, eine ruhige Gesellschaft im Park. Auf einem kleinen Hügel die Studentenparty mit der Musikanlage, ein paar Meter weiter unten die fremden Kinder auf den Bänken am Teichufer. Bald aber gab es Unruhe, denn die Fremden hatten, wahrscheinlich aus lieber Gewohnheit, den Rucksack der Gastgeber mitgehen lassen. Es gab Diskussionen, auch Verhandlungen wurden aufgenommen und endeten schnell Ergebnislos. Ziemlich bald wurde der kurze Dienstweg beschritten und ein Telefongespräch geführt. Bald begann die Vorführung mit beeindruckenden Lichteffekten. Rechts und links von uns kamen aus der Dunkelheit je ein Streifenwagen mit Blaulicht den Hang herunter, sie rollten über den Rasen auf den Sitzplatz am Teich zu. Die beiden Autos kamen fast synchron und scheinbar Lautlos, die Vegetation des Parks schluckte die Motorengeräusche. Die Musik lief weiter, niemand rannte, niemand schrie. Wer wollte, konnte nun hinunter gehen, und schauen wie die Polizei sich mit den Fremden beschäftigte. Wirklich interessant war das nicht. Die Fremden saßen auf der Bank, die Polizisten standen herum und betätigten sich ordnungsstiftend. Und die Schwester des DJs tratschte mit ihrer neuen, uniformierten Freundin. Dann aber kam Bewegung in die Sache, eine dunkle Limousine rollte über die sanften Hügel, stilecht mit einem einzelnen Blaulicht zum Aufsetzen. Zwei Beamte in Zivil waren extra wegen eines einzelnen Fremden angerückt. Der musste sich gesondert durchsuchen lassen, denn er hatte schwere Verbrechen gegen das deutsche Aufenthaltsrecht begangen. Das erzählte die Polizistin der Schwester des DJs, während sie, auch auf dem kurzen Dienstweg, den Rucksack des Bruders zurückgab. Mit dem enthaltenen Grasvorrat wollte die Polizei sich an diesem Abend nicht beschäftigen. Stattdessen nahmen sie die Fremden mit. Da war die Party vorbei und wir gingen nach Hause.
AW, erlebt irgendwann um das Jahr 2000.