Garderobengespräche: Wohnungsnot

Nee, da muss man jetzt sehr vorsichtig sein. Die haben Strafen von bis zu 100.000 Euro angedroht. Wir haben so ein Schreiben gekriegt. Klar, geht noch was, die können letztlich schwer nachweisen, daß du untervermietest.  Aber wir müssen sehr vorsichtig sein. Ich hab sofort alles aus dem Netz genommen. Außerdem hat die Stadt Berlin tausende Formzettel verschickt, mit denen man seine Nachbarn bequem anschwärzen kann. Uns hat auch ein Nachbar verpfiffen. So ein mißgünstiger Arsch. Wie kann man nur so niederträchtig sein. Naja, gut. Vielleicht hab ich es auch übertrieben. Aber die Engländer kannte ich schon. Total angenehme Leute, ganz entspannt. Die haben nur einen Junggesellenabschied bei uns gefeiert. Und ich hab denen direkt gesagt, alles ganz entspannt, ihr könnt alles machen worauf ihr Bock habt. Nutten bestellen, ziehen, alles kein Problem, ganz entspannt. Das haben die dann wohl auch alles gemacht.

Im Leben aufgeschnappt von AW

 

Murks und Fummel

Mit Wohnraum im Ballungsgebiet kann man heutzutage jede Menge Geld verdienen. Eine eher konservative Strategie fährt da zum Beispiel Gebäudereinigung und Hausmeisterservice. Das Internet kann nämlich noch keine Glühbirnen wechseln.

 

Schnaps ist Schnaps

Ich kann keine Spirituosen besprechen. Entweder der Schnaps ist untrinkbar. Dann trinke ich ihn nicht. Oder das Stöffchen ist lecker. Dann wird’s genossen und nach anderthalb Gläsern verziehen sich Objektivität und gesunder Menschenverstand in ihre Privatgemächer und machen eine verdiente und beabsichtigte Pause. Die Geschmacksknospen derweil verharren in einer Zwischenwelt, halb brennende Betäubung und halb Geschmacksexplosion der vergeistigten Aromen. Bisher entwickelte ich auch noch keine Präferenzen, ich weiß also nicht, ob ich nun braune, faßgelagerte oder Klare besser finden soll. Auch der Rohstoff ist mir relativ egal, gute Brände können aus Korn oder Wein oder Obst oder oder oder gemacht sein. Wo immer die Natur Stärke versteckt hat, wir finden schon Mittel und Wege die zu vergären. Also bleibe ich bei meiner anfänglichen Feststellung: Zum Schnaps habe ich eigentlich nichts zu sagen, ich wollte mir halt nur bißchen Text aus den Fingern saugen, damit die trüben Smartphone-Fotos nicht ganz so alleine dastehen. AW

Theilersbirnen 62

Der Hundemattli spezial Schnaps stammt offensichtlich aus der privaten Brennerei schweizerisch-schottischer Hochlandrinder. Schon polnische Wisente beweisen mit Zubrovka ja, daß Rinder sehr gute Spirituosen herstellen können. Die Hundemattli-Herde jedenfalls überzeugt mit starken Birnenaromen und ziemlich vielen Prozenten. Mit dem Marketing allerdings ist es nicht weit her. Zum Fototermin abkommandierte Jungtiere machten sich nicht mal die Mühe, in die Kamera zu schauen. Und die Postproduktion des Etiketts oblag ebenfalls einem Rindvieh.

 

Birnenträsch

Der Birnenträsch vom Sternenhof mit stilvoller Zeichnung und immer noch sehr kraftvollen 50 Prozent Alkohol. Die starken Brände werden übrigens selten pur genossen. Ich durfte einen traditionellen Schnapskaffee kosten, dazu wird ein sehr dünner Instant-Kaffee aus etwa einem Teelöffel Pulver auf eine Tasse Wasser mit kaum mehr als einem Deckel voll Schnaps aromatisiert.

 

Enzian

Ein Höhepunkt des Abends war ein selbstgebrannter Enzian, fast so alt wie ich selber. Eine Flasche des legendären Kräuterbrandes kostet 80 Franken, so er denn auf den Markt findet. Man reichte nur einen Teelöffel, nicht etwa wegen des Preises, sondern wegen des als sehr medizinisch empfundenen Geschmacks. Die vielen Bitterstoffe entfalteten sich zu Holzaromen und Lack, aber durchaus nicht unangenehm. Der viel besungene blaublühende Enzian tut aber nur blau blühen, für die Getränkeherstellung werden dagegen die Wurzeln des gelben Enzians mühevoll ausgegraben und dann vergoren.

Tu felix Helvetia

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Als die Eichhof-Brauerei an den Heineken-Konzern verkauft wurde, gab es laut Wikipedia eine Unterschriftensammlung dagegen. Letztlich beugten sich die eidgenössischen Biertrinker aber dem demokratischen Mehrheitsbeschluss der Aktionäre.

In einem lieblichen Tal, unweit des großen Sees, an dem ein deutscher Dichter einst die Gründung der Schweiz verortete, ist die Welt noch in Ordnung. Die Bergspitzen leuchten weiß, die anmutigen Matten darunter strahlen grün, durchs Wohngebiet schlendern Teenager mit duftenden Hanfzigaretten und der Alpina in der Garage des Nachbarn ist ein ganz bescheidenes Serienmodell. In dieser gemütlichen Umgebung wird der Gast selbstverständlich mit einem kühlen Bier begrüßt. Wir trinken Eichhof Lager aus der Flasche. Ein erfrischendes Kaltgetränk das bei den ersten zwei Schluck mit karamelligem Malzgeschmack überrascht, sich dann aber unauffällig in die Riege der internationalen Lager mit Schraubkronenkorken einreiht. Das ist aber nicht schlimm, denn zum Essen gibt es Wein und wenn man Alkohol möchte, werden Brände gereicht. Beim Begrüßungsbierchen erfährt der Fremde auch die Alltagssorgen, denn auch im lieblichen Tale ist nicht alles eitel Sonnenschein: Die Armee bietet seit den 90ern immer weniger Arbeitsplätze, die Gemeinde macht dem Selbstständigen das Leben schwer und oft ist der Winter zu warm und feucht, das selbstgetrocknete Rindfleisch gelingt dann nicht.

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Vielleicht liegt es am rustikalen Alkoholkonsum, oder an der Tatsache, daß Französisch hier auch Amtssprache ist: Bei der Umschrift von Fremdwörtern herrscht ein liberaler Geist.

Tanztee – Rezeptvorschlag für Kräuterfreunde

Schon die Schule verpasste uns ja eine ordentliche Portion Standesdünkel. Als Gymnasiast war man selbstverständlich offen für pflanzliche Rauschmittel aller Art. Dafür hegten wir Vorurteile gegen chemische Drogen. Aus dieser Geisteshaltung ist erklärlich, dass ich versuchte, einen anregenden Kräutertee selber zu brauen. Die Zauberkraft sollten selbst gesammelte Psilocybinpilze (psilocybe semilanceata) bewirken. Die können einen ganz schön aus der Bahn werfen, wie ich beim Zauberpilzblogger ausführlich beschrieb. Also brauchte es ein Kraut, das beständig fröhlich und wach hält. Da bot sich Meerträubel, also Ephedra an. Das stand schließlich beim Tanzsportverband auf der Dopingliste, war aber vor 2006 noch mehr oder weniger frei erhältlich.

In einer kleinen Vorstadt-Apotheke verweigerte man mir das Kraut. Der alte Chef schaute ziemlich verdattert, als ich ihm frei heraus erzählte, ich wollte damit zum Freizeitvergnügen experimentieren. Er hatte wohl auf eine phantasievolle Lügengeschichte spekuliert. In der altehrwürdigen Apotheke am Bonner Marktplatz dagegen wurde ich anstandslos bedient. Eine desinteressierte junge Helferin nahm die Bestellung auf und am nächsten Tag erhielt ich eine rote Papiertüte mit einem Jahresvorrat Herba ephedra für fünf Euro.

Für den Ephedra-Tee ließ ich einen Esslöffel Kraut pro Tasse zehn Minuten sprudelnd kochen. Dann die Temperatur reduzieren und in nicht mehr kochendem Wasser 15 Pilze pro Person gute 15 bis 20 Minuten ziehen lassen. Die Brühe schmeckte nicht eben delikat, ein merkwürdig bitterer Belag blieb im Mund, etwa eine halbe Stunde, dann setzte die Wirkung ein. Die war wunschgemäß heiter und anregend. Eine körperliche und geistige Leichtigkeit erfüllte mich, ganz ähnlich wie wenn man nach dem Sport auf nüchternen Magen schnell ein Bier kippt. Während beim Bier dieser angenehme Zustand aber meist schnell überschritten wird, hielt mein Tee das Level konstant mehr als drei Stunden. Ab und zu glaubte ich, persönliche Nachrichten vom DJ zu empfangen, das störte aber nicht das Tanzvergnügen. Allein, die Mischung war noch nicht ganz perfekt: Nach den drei Stunden hörte die Pilzwirkung auf, während das Ephedra weiterhin seine wache, krautige und irgendwie langweilige Erregtheit verbreitete. Heute würde ich das Ephedra herunterdosieren und stattdessen mit aufhellenden Zusätzen wie Vitamin C oder Honig zur Geschmacksverbesserung experimentieren.

Das sagt Wikipedia zu Ephedra-Pflanzen und das zu Ephedrin.

Meerträubel Samen

Ephedra-Kraut gibt es seit 2006 in Deutschland nur auf Rezept. Die Pflanze enthält neben dem „freien“ Pseudoephedrin nämlich auch das verschreibungspflichtige Diastereomer Ephedrin. Besitzer einer Pharmafabrik können die Wirkstoffe trennen und Rezeptfreie Erkältungsmittel mit Pseudoephedrin verkaufen. Balkongärtner aber müssen sich hüten. Diese Meerträubelsamen verhielten sich bislang gesetzeskonform und verweigerten die Keimung auf deutschem Boden.