Double IPA hilft bei Filmbesprechung

Etikett

Wenn man einen amerikanischer Film mit irischer Geschichte schaut und dabei ein berliner Bier, gebraut nach britischem Rezept in amerikanischer Tradition trinkt, ist das dann schon Globalisierung?

Heute erzähle ich von einem komplizierten Bier und wie mir der unkomplizierte Film „Brooklyn“ half, es zu verstehen. Nun fragt sich der aufmerksame Leser, wieso soll man Bier verstehen? Es handelt sich dabei um das  Berliner art Double IPA von Brewbaker. Nach handwerklicher Brautradition sind auf dem Etikett die Bittereinheiten in IBU angegeben. Das Double IPA wartet mit 120 davon auf. Auch wenn es heftigere Biere gibt, gilt 120 IBU wohl als das bitterste, was ein Mensch schmecken kann. Und das ist ziemlich heftig, etwa so prickelnd wie ein Sturm, der Eisregen ins Gesicht peitscht. Wenn die Temperatur des gekühlten Getränks steigt, tritt die Bitterkeit zurück und macht schwerem, pappigem Malzzucker Platz. Am Ausschank von Brewbaker unterhielt ich mich mal mit Gästen und einer meinte, er verstehe das Double IPA nicht. Es handelt sich also um einen intellektuellen Prozeß. Damit hätte ich es belassen können. Und falls Ihr meine geschätzten Leser aufmerksam geblieben seid dürft Ihr Euch sicherlich fragen, wie bekifft ist denn bitteschön die Redaktion der drogenpolitik, wenn sie sich ein untrinkbares – oder unverständliches – Gebräu wiederholt ins Haus trägt? Zu Eurer Beruhigung: Ich bin meist ziemlich bekifft, auch beim Einkaufen. Aber wenn ich beim Dealer wahllos Produkte von Brewbaker einpacke, handele ich durchaus rational. Denn der handwerkliche Brauer unterscheidet sich von der Großindustrie auch durch geringen Ausstoß und geringe Liefertreue. Wenn also wieder eine Palette den Weg in den Laden fand, tut man gut daran, sich ein paar Fläschchen zu sichern. So kam es, daß ein Berliner art da war, als wir beschlossen, Brooklyn anzusehen.

Der Film nun erzählt das irische Einwanderer-Märchen, unterlegt mit herziger irischer Volksmusik. Es flieht aber nicht Paddy vor der Hungersnot, sondern seine strebsame Nachfahrin Eilis, welche die provinzielle Ödnis der irischen 1950er aus dem Land treibt. Die Geschichte bedient sich der Klischees, ja, es gibt die boshafte Krämerin und den moralmächtigen Pfarrer. Aber es passieren keine Dramen, wie Hollywood sie uns lehrte. Für Alpträume ist kein Platz in der kleinbürgerlichen Enge, es gibt Keine Gewalt, keinen Mißbrauch. Und absolut skandalös: Die Heldin, gespielt von Saoirse Ronan (keine Ahnung, wie man den Vornamen ausspricht) entscheidet sich gegen ihr Herz, für eine vernünftige Ehe in der neuen Welt. Denn während sie ihren amerikanischen Aufstiegstraum von der Fachverkäuferin zur Buchhalterin lebt, muß sie für eine Beerdigung wieder auf Besuch in die irische Heimat. Die ist kuschelig, gutgebaute Rugby-Spieler, die Haare rot und schwarz, manchmal blond, flirten im vertrauten, singenden Dialekt. Und trinken Bier, meistens schwarz oder rot, weniger blond. Von Kindheit an durchs Werbefernsehen konditioniert funktioniert mein Pawlowscher Reflex einwandfrei und ich gehe wie ferngesteuert zum Bierregal. Ich schüttete das naturtrübe, rötliche Getränk bei Zimmertemperatur ins Glas, wunderte mich ein wenig über den fehlenden Geruch nach Heu und trank. Keineswegs wurde ich niedergeschlagen, vielmehr verstand ich das Double IPA auf einmal. Wie die Immigranten-Liebe war es kein bißchen lieblich oder duftig. Vielmehr von eiserner Bitterkeit mit einer soliden, zukunftsfrohen Süße im Abgang. So einfach.

120 IBU

Wenn die Bierbrauer noch längere Romane auf ihre Etiketten drucken, kann ich mir hier die Bierbesprechungen bald sparen…

Der Wein der Liebe

Weil Du verdurstest in dem salzigen Meer von Tränen
Und Sie Dir das Wasser des Lebens als Weihwasser
Dich betupfend anboten in steinernen Häusern der Gottheit
Weil Du Dich ernüchtert auf einer blutgetränkten Erde
Wiederfandest aus der Bewusstlosigkeit einer niederschlagenden
Menschheitsentstehungsgeschichte ohnmächtig warst

Und der Genuss jenes Bissens vom Apfel der Erkenntnis
Von Gut & Böse in Deiner Kehle ein unstillbares feuriges Brennen hinterließ
Und die gellenden Schmerzensschreie durch den Äther jagen
Einstens und jetzt ist Dir danach Dich zu ertränken
In den brakigen Tümpeln fauliger Lügen
Dabei dürstend nach Wahrhaftigkeit und wenn Sie Dir
Ein Becherlein gefilterter Ehrlichkeit anbieten lehnst Du heldenhaft ab
Lieber verdursten als das

Also schleppst Du Dich in das Wunderland und beginnst einen
Hang südlich gelegen von Disteln und Dornen zu befreien
Gräbst und harkst von Früh bis Spät
Denn der HERR hat Deinen Acker verflucht erzählten Sie Dir
Im Religionsunterricht und im Schweiße Deines Angesichtes
Sollst Du Dein Brot verdienen

Verfluchte der Rachegott die Erde und Eva und Dich zum Tode
Todgeweiht dürstest Du nach dem Leben dem wahren schönen
Und dann setzt Du die zarten Pflänzchen den Rebstock
Einen ums andere gießt Sie an mit Deinen Tränen
Erst der Trauer dann zumal täglich mehr süße der Freude
Denn Du bist Es der erschafft aus eigener Kraft

Und die Jahre gehen ins Land die erste Ernte steht an
Leiharbeiter Freunde helfen die Trauben zu schneiden
Prall voll und süß in der Kelter zertreten zermalmt
Wie Du einst von einem Schicksal unbegreiflich niedergeworfen

Und das süße rote Blut rinnt in die Fässer ruht sterbend
Vergärt im Tode sich wandelnd zu Wein nach seiner Zeit gereift
Wie Du mit den Jahren weise geworden bist

Und alle Freunde lädst du ein die Fremden die Guten und die Bösen
Den Moslem der Ihn nicht trinken darf und den Antialkoholiker
Jung und Alt gibst ein Freudenfest für alle Welt
Und Sie trinken Becher um Becher taumeln tanzen jauchzen
Vor Wonne singen dichten frei aus dem Stehgreif
Fallen sich völlig unbekannt in die Arme schluchzend in Freude
Sind Brüder und Schwestern rot die Wangen Musik erklingt
Und die Hunde bellen jaulen vor Ergriffenheit

Für meinen Trinkbruder Alice an Arthurs Tafelrunde
Dankbar Joachim von Herzen
Der Knappe des Königs
Trunken vom Wein des Liebens

(Anmerkung der Redaktion: Diese tiefgründigen Zeilen verfasste Hans Joachim Antweiler exklusiv für meinedrogenpolitik. Normalerweise veröffentlicht er die Schöpfungen seiner nie versiegenden Inspirationsquelle auf seinem WordPress-Blog Wir sind ein Volk der Denker und Dichter und freut sich dort auf Euren Besuch. AW)

Wie wir mal in Zungen redeten

Das war sicher nicht zu Pfingsten. Das wäre viel zu früh im Jahr gewesen und daher nachts zu kalt. Denn die fremden Sprachen ereilten uns nachts beim Lagerfeuer am Ufer eines Sees in der Voreifel. Der Zauberkollege und ich trafen uns zu einem philosophischen Abend im freien. Dazu sammelten wir einen ausreichenden Vorrat Feuerholz und nahmen gegen Sonnenuntergang auf leeren Magen eine anständige Portion Pilze. Gegen Mitternacht dann zündete das Gedankenfeuerwerk. So hätte es bleiben können, farbintensives Tüterauchen mit berauschtem Geschwätz. Doch der entscheidende Impuls kam von anderen. Eine Rauhe Stimme hallte aggressiv über den See: Feuer aus!!!

Wir erschraken und besprachen uns leise. Der Zauberkollege meinte, das käme von der Hütte des Angelvereins. Die hätten wirklich so eine Art Hausrecht am See. Aber wir wollten das Feuer nicht aus machen. Außerdem stand zu vermuten, daß sie so betrunken waren, wie wir verstrahlt und daher wohl keine nächtliche Waldwanderung mehr unternähmen. Andererseits gelüsteten wir nicht nach eine persönlichen Auseinandersetzung mit der Landjugend. In dieser leicht angespannten Situation brachen unbekannte Worte hervor. Aus gelockerten Kehlköpfen formten wir Laute und Silben zu fühlbaren Sinnzusammenhängen. Wir spannen einen Dialog aus Fragen und Antworten, möglichst weit hörbar laut und aggressiv. Die Sprache kannten wir nicht und auch nicht den Inhalt des gesagten. Aber wir dachten, es müsse eine afrikanische Sprache sein, weil es so klang, wie wenn Westafrikaner Französisch sprechen, tief, grollend, schnell mit intensivem Rhythmus. Wir hielten das Gespräch eine Weile am Laufen. Solange eben, wie zwei verpilzte es interessant finden, sich selbst zuzuhören, ohne ein Wort zu verstehen. Von der anderen Seite des Sees blieb es ruhig und wir wurden in keiner Weise mehr behelligt, von einer unspektakulären Ufo-Sichtung einmal abgesehen. Wir bildeten uns ein, die Landjugend hätte keine Lust auf eine persönliche Auseinandersetzung mit unbekannten, minimalintegrierten Ausländern und freuten uns über unsere Genialität.

Später haben wir das noch einmal vor Publikum versucht. Eines Nachmittags im Herbst kamen wir direkt von der Wiese und besuchten in gelöster Stimmung einen alten, erfahrenen Krautmann. Der jedoch war auf eine andere Frequenz eingestellt und als die fremde Sprache erklang machte er ein extrem besorgtes Gesicht. Wir genossen ein wenig beängstigende Wirkung unseres Tuns, aber unterließen weitere Verunsicherungen. Danach verfolgte ich die Kunst des Zungenredens nicht weiter.

 

Wir sind viele klein

Manche meinen, alles hängt mit allem zusammen. Das halte ich für möglich, aber sehr schwer nachzuvollziehen. Irgendwo las ich mal sie hätten bei einem Freestyle-Rapper während des Improvisierens die Hirnaktivität gemessen. Der Künstler konnte wohl irgendwelche hemmenden Areale willentlich ausschalten. Die Sprechzentren flottierten frei während die innere Zensur auf Urlaub war. Sozusagen die elementarste Form persönlicher Meinungsfreiheit.

Kommentieren lohnt sich

 

Das Buch

Ein richtig echter erster Preis, erlangt durchs Bloggen. Und dabei noch was gelernt. Eine Anthologie ist nämlich ein Sammelband mit kurzen Beiträgen verschiedener Autoren, wörtlich eine Blumensammlung. Schönes Wort, und so gebildet.

Die Drogenpolitik hat gewonnen. Keinen virtuellen Award sondern einen richtig echten Preis zum Anfassen. Nämlich ein Buch. Anlaß genug für einen Artikel, der nichts mit Drogen zu tun hat, sondern nur mit erfreutem Dank und deshalb möglichst vielen Links zu TEAMOs Seite. Gewonnen habe ich nicht für Leistung, sondern einfach per zufälligem Losentscheid. Und das, wo ich sonst nie was gewinne. Weil ich nämlich nicht an Preisausschreiben teilnehme. Aber nichtsahnend stöberte ich in Blogs und schaute auf TEAMO Comics. Dort vereint die Geschichte des Bartpiraten Blechbart Illustrationen, Lyrik und zwischenmenschliche Dramen aufs trefflichste. Fast so gut wie der Fluch der Karibik und wesentlich besser als die Fortsetzungsfilme. Mehr reflexhaft als bewußt hinterließ ich wie so oft ein paar unausgegorene Bemerkungen in der Kommentarzeile und wurde damit zum Teilnehmer eines Preisausschreibens. Ein paar Tage später, ich traute meinen Augen kaum: Der erste Preis für Alice Wunder. Ein Comic-Anthologie.

Ich dachte, da kommt jetzt ein Heftchen mit drei oder vier Geschichten, die ich mal auf der linken Arschbacke besprechen kann. Aber dann das: Eine Anthologie, 230 Seiten stark zwischen echten Hardcover-Deckeln. Ich musste erst mal nachschlagen, was eine Anthologie überhaupt ist. Als Medium ist Comic ist natürlich die ideale Literatur für Drogenpolitiker. Da kann man sich noch an den bunten Bildchen erfreuen, wenn die Lesekompetenz schon lange mit dem vorvorletzten Joint durch die Lüftung verschwand. Jetzt hab ich sogar das Thema Drogen eingebaut. Trotzdem konnte ich mir was merken. Es gibt einen Wer-Mops, einen globuli-gläubigen Apotheker, der ein Homö-Fest feiert. Und der Held aus TEAMOs Geschichte fällt ziemlich übel auf die Schnauze. Ja, das ist TEAMOs Stil, mit niedlich-harmlosen Bildchen die volle Härte des Lebens darstellen.

Die drogenpolitik wird natürlich nie ein Preisausschreiben veranstalten. Da sprechen viele Gründe gegen. Einmal werden sämtliche Mittel, die der Redaktion zur Verfügung stehen, ohne Verzug hier im Haus verkonsumiert. Da bleibt nichts zum verschenken übrig. Und wenn doch mal, würden wir hier mit so einigen Vorschriften schwer in Konflikt geraten und so unsere Meinungsfreiheit zum Schaden der Leser aufs Spiel setzen. Das kann keiner ernsthaft wollen. Wer aber bei der Drogenpolitik kommentiert, bekommt immer eine Antwort. Oder halt ein Antwort-Like, wenn mal wieder Nebel im Hirn ist.

AW

Blechbart schlägt zu

Richtig wertvoll wird die Anthologie erst durch die persönliche Widmung eines Autoren. Hier ringt der wackere Blechbart gleich drei heimtückische Ninja-Toasts nieder. Alles nur für mich! Trotz vielfachster Amputationen! Ich bin total gerührt.