(Anmerkung der Redaktion: Dieser ungewöhnlich lange Artikel gliedert sich in zwei Teile. Die ersten 672 Wörter sind editorischer Natur, sie enthalten Danksagungen, Lobhudeleien und meine Nominierungen. Danach folgt das Kapitel, wo die Redaktion Frau Müllers Award-Fragen beantwortet. Info zum bequemeren Lesen für Leser, die das eine oder andere gar nicht interessiert.)
Hurra! Die drogenpolitik hat sich wieder einen Liebster-Award erbloggt. Über welchen wir uns ganz besonders freuen. Den Preis erhalten haben wir aus dem Blogspot-Universum von der faszinierenden Frau Müller. Frau Müller ist eine kluge und gutaussehende Lehrererin, die auf den Fotos, die sie von sich Postet, genauso aussieht wie ihr Logo, ein gezeichnetes Portrait mit Schmollmund und Sonnenbrille. Darüber hinaus schreibt sie sehr lesenswerten Unsinn, wie wir das bei der Drogenpolitk schätzen. Und zwar aus ihrem Alltag als Lehrerin. Das Rezept, ein Cooler Lehrer trifft auf grenzdebile Schüler, reicht ja locker für drei Kinofilme. Gute Texte auf dieser Basis scheinen in diesem Land aber immer noch etwas besonderes zu sein. Denn es gibt wohl nur sehr wenig coole Lehrer wie Frau Müller. Und falls doch, bloggen die nicht oder gehen dabei zu Respektvoll mit ihren Schülern um. Außerdem bloggt Frau Müller noch über ihre … wohlgeordneten Beziehungsverhältnisse. Für einen Gesamtüberblick sollte man auch ihre Facebook-Seite abonnieren. Da stehen Bonmots und Anekdoten, denen Frau Müller wohl keinen eigenen Blogartikel widmen wollte, die aber trotzdem lustig sind. Frau Müllers Nominierung kommt ohne lästiges Bild, ohne besondere Regeln und die drogenpolitik ist Mitglied eines besonders exklusiven Kreises von nur zwei Nominierten.
So verfahre ich bei der Weitergabe auch unkonventionell und nominiere hier nur zwei gerngelesene Blogs:
Hopfenmädchen
Schlingsite – Forschungsreisen
Auch überlasse ich es den Nominierten, wie sie mit diesem Preis weiter umgehen. Ich stelle ihnen nämlich überhaupt keine Fragen. Denn ich glaube, alles was Autoren zu ihrem Werk oder zu ihrer Person nicht freiwillig veröffentlichen, hat mich nicht zu interessieren. Darüber hinaus interessiert es mich auch wirklich nicht. In Bezug auf meinen Medienkonsum habe ich da wohl leicht autistische Züge. Ich lasse mich in Geschichten fallen und vergesse die Menschen dahinter. Ich habe ernsthaft Schwierigkeiten, auch berühmte Schauspieler in verschiedenen Filmen wiederzuerkennen. Sie müssen schon extrem markante, starre Gesichter haben, wie etwa Arnold Schwarzenegger. Und auch bei dem muß ich zweimal hinschauen, wenn er kein charakteristisches Maschinengewehr in der Hand hält. Entweder, ein Text – oder Film – gefällt mir, dann ist es gut so oder es gefällt mir nicht, dann höre ich auf, ihn zu konsumieren. Mir gefallen:
Das Hopfenmädchen schreibt über Bier und präsentiert sich mit der perfekten Mischung aus Humor, Ernsthaftigkeit und Sachverstand als die ideale Person, mit der man gern ein oder zwei oder drei gute Biere trinken geht. Mehr will ich von ihr gar nicht wissen. Sehr neugierig bin ich allerdings auf das in ihrem Blog angekündigte Heimbrauprojekt. Deshalb habe ich einen Wunsch an sie:
Liebes Hopfenmädchen! Wenn Du Deinen ersten köstlichen Gerstensaft selbst hergestellt hast, fasse doch bitte die einzelnen Schritte dahin in einem übersichtlichen Artikel zusammen, daß ich den dann auf der drogenpolitik rebloggen kann. Oder schreib den exklusiv für mich, mit ungefähr folgenden Titel: Wie ein fauler Kiffer beim Sofakissenplattsitzen sein eigenes Spitzenbier reifen lassen kann. Da würde sich die drogenpolitische Redaktion unglaublich freuen.
Schlingsite Forschungsreisen ist ein etwas kryptischer Blog, bei dem sich Nachfragen von selbst verbieten. Man muß das einfach lesen. Die Texte schwojen frei irgendwo in einem Limbus zwischen politischer Satire und ernsthaften Lebensbetrachtungen. Es gibt verschiedene Protagonisten, Frauen und Männer, von deren Leben ein auktorialer Erzähler berichtet. Da gibt es das Personal der virtuellen Partei und immer wieder Jürgen. Durch die intimen Kenntnisse von Jürgens Taxifahrerdasein drängt sich der Verdacht auf, Schlingsite sei ein erfolgreich promovierter Geisteswissenschaftler. Wir wissen, daß wir nichts wissen. Ganz herzlich möchte ich mich vor allem bedanken, weil Schlingsite nicht nur alle meine Artikel liked, sondern sie alle tatsächlich zu lesen scheint. Wie man bei Schlingsite mit diesem Award umgeht, überlasse ich der freigeistigen Kreativität.
Nun aber ans Eingemachte, alle Fragen versuchte ich so ehrlich wie möglich zu beantworten, ohne dabei zuviel von meiner Privatheit preiszugeben:
Frau Müller fragte, Bernadette Botox antwortet für Alice Wunder
1. Warum hast du angefangen zu bloggen?
Ablenkung bei einem Naturwissenschaftsprojekt, das dann kläglich im Sande verlaufen ist. Verarbeitung traumatischer Erlebnisse in einer Print-Redaktion.
2. Wo möchtest du mit deinem Blog hin? Hast du Ziele? Welchen Stellenwert hat dein Blog für dich?
Mindestens einmal die Woche einen Artikel raushauen. Und mit dem Döschen Eßhanf irgendwas sinnvolles anstellen und davon schreiben. Einen Mezcal-Test schreiben und den zusammen mit einer Buchbesprechung in einen Artikel packen. Das liegt schon seit Beginn des Blogs im Entwürfestapel, ist aber auf einem guten Weg. Ein Schluck Mezcal steht seit Samstag im Schnapsschrank.
3. Was würdest du gerne besser machen als Blogger? Gibt es etwas worum du andere Blogger beneidest?
Bessere, authentischere Reportagen, beruhend auf Selbsttests vieler interessanter Substanzen. Ich beneide Frau Müller um ihre … wohlgeordneten Beziehungsverhältnisse.
4. Du musst dich entscheiden: Essen oder Sex? Auf was würdest du eher für den Rest deines Lebens verzichten?
Sex. Essen ist wichtiger. Abgesehen davon, daß man ohne Essen nicht mehr sehr lange Sex machen kann, sollte man mit niemandem ins Bett, mit dem man nicht auch genußvoll Essen kann.
5. Fürs Gucken und Mögen welcher TV-Serie/Show oder welchen Films schämst du dich (ein bisschen)?
Sponge Bob. Nee, da schäm ich mich eigentlich gar nicht für.
6. Beschreibe deine Schulzeit mit höchstens 10 Worten.
Immer gute Noten ohne Arbeit, ab der 10. bekifft. Lehrerkind.
7. Hattest du einen Lieblingslehrer (Frau Müller steht NICHT zur Wahl ;-))? Wenn ja, warum war er/sie dein Favorit?
Nein. Ein Deutschlehrer sagte mir mal in der 11. oder 12. auf den Kopf zu, ich sei ein fauler Hund und würde es an der Uni schwer haben. Der war völlig fassungslos, als ich bei ner blöden Barockgedichtbesprechung – so Gryphius oder so – ne Eins aus dem Handgelenk geschüttelt hab, nur weil ich am Vortag zufällig anhand genau diesen Gedichtes das Schema F im Kopf durchgespielt hatte. Da hat der mich wohl näher beobachtet. Diese Art Aufmerksamkeit hat mich schon ein wenig beeindruckt. Da war ich aber schon nicht mehr erreichbar und hatte mir, dank NRW-Wahlsystem, mein Einserabi schon fertig gebastelt.
8. Was war dein Lieblings- und dein Hassfach? Warum?
Geschichte hat mir Spaß gemacht. Orchestermusik konnte man einfließen lassen. Und Sport habe ich nicht mehr gehasst, seit wir in der Oberstufe kiffen gehen konnten, und für Nichtstören der Engagierten ne Drei kriegten.
9. Was würden deine Lehrer über deinen heutigen Werdegang sagen?
Schwierig, vor allem weil ich nach abgeschlossenem Geisteswissenschaftsstudium noch nicht mal eine feste Stelle als Taxifahrer habe. Manche wären vielleicht froh, daß ich nicht den bürgerlichen Karriereweg gegangen bin. Aber es fällt mir wirklich schwer, diese Frage zu beantworten, weil neun von zehn meiner Lehrer uralt waren und – ohne ihre Leistung herabzuwürdigen – beim Thema Zukunft und Werdegang scheinbar nur noch die eigene Pensionierung im Kopf hatten.
10. Dreieck: Eltern – Schule – Kind. Du bist das Kind. Wie stand es mit den Verbindungen in deiner Schulzeit? Waren deine Eltern zu Gast auf jedem Elternabend? Vielleicht sogar Elternsprecher. Zu wem haben deine Lehrer gehalten: zu dir oder zum Lehrer? Wie ging es dir damit?
Lehrerkind. Meine Lehrerinmutter, damals schon lange Hausfrau, hat in der Grundschule mal eine Lehrerin weggemobbt. Dank guter Noten gab es sonst keine Einmischung. Freimachen, wenn der Stundenplan sich nicht in den Familienalltag einfügen will, war hochwillkommen.
11.Klassiker „Endzeit-Szenario“: Du gehörst zu 1000 Menschen, die nach dem Weltuntergang eine neue Zivilisation auf einem entfernten Planeten gründen dürfen. Weil du so genial bist, wirst du in ein Gremium berufen, dass die neue Verfassung für diese Welt erarbeitet. Welche Vorschläge würdest du einbringen?
Ich les grad mal wieder den Machiavelli. Demnach gibt es immer drei verschiedene Schichten. In einem guten Staat müssen deren Interessen ausgeglichen sein. Das monarchische Element, wir würden wohl heute sagen, die Exekutive, darf nicht erblich sein. Am besten muß man die Konkurrenz der herrschenden Familien für ein geschicktes Wahlsystem ausnutzen. Da hilft wohl keine Revolution und erst recht keine Apokalypse gegen, die Adelsfamilien wird es immer geben und es werden immer die selben bleiben. Diese Adeligen – also die Besitzenden, heute wären das die Wirtschaftsbosse und Großaktionäre – müssen ihren Ehrgeiz zum Wohle des Staates ausleben können. Und das arbeitende Volk will in erster Linie in Ruhe gelassen werden. Ideal wäre demnach eine Art rheinischer Karnevalsmonarchie. Der König muß regelmäßig große Feiern und Paraden organisieren, wo der Adel sich entsprechend seiner Hochwohlgeborenheit bejubeln lassen kann. Der Adel muß dabei der Jubelmenge genug Schnaps spendieren und das alles so einrichten, daß vom arbeitenden Volk keiner wegen irgendwelcher Straßensperren abends nicht rechtzeitig zur Sportschau nach Hause kommt. Dann läuft es Rund im Staat.

Unsere geschätzte Redaktionsassistentin, Bernadette Botox, hat sich heute extra aufgebretzelt, damit sie der bezaubernden Frau Müller wenigstens ein wenig das Wasser reichen kann. Wir haben allerdings nur stilles Wasser in der Redaktion. Wer lieber was mit Kohlensäure will, muß Bier trinken.