Ich kann keine Spirituosen besprechen. Entweder der Schnaps ist untrinkbar. Dann trinke ich ihn nicht. Oder das Stöffchen ist lecker. Dann wird’s genossen und nach anderthalb Gläsern verziehen sich Objektivität und gesunder Menschenverstand in ihre Privatgemächer und machen eine verdiente und beabsichtigte Pause. Die Geschmacksknospen derweil verharren in einer Zwischenwelt, halb brennende Betäubung und halb Geschmacksexplosion der vergeistigten Aromen. Bisher entwickelte ich auch noch keine Präferenzen, ich weiß also nicht, ob ich nun braune, faßgelagerte oder Klare besser finden soll. Auch der Rohstoff ist mir relativ egal, gute Brände können aus Korn oder Wein oder Obst oder oder oder gemacht sein. Wo immer die Natur Stärke versteckt hat, wir finden schon Mittel und Wege die zu vergären. Also bleibe ich bei meiner anfänglichen Feststellung: Zum Schnaps habe ich eigentlich nichts zu sagen, ich wollte mir halt nur bißchen Text aus den Fingern saugen, damit die trüben Smartphone-Fotos nicht ganz so alleine dastehen. AW

Der Hundemattli spezial Schnaps stammt offensichtlich aus der privaten Brennerei schweizerisch-schottischer Hochlandrinder. Schon polnische Wisente beweisen mit Zubrovka ja, daß Rinder sehr gute Spirituosen herstellen können. Die Hundemattli-Herde jedenfalls überzeugt mit starken Birnenaromen und ziemlich vielen Prozenten. Mit dem Marketing allerdings ist es nicht weit her. Zum Fototermin abkommandierte Jungtiere machten sich nicht mal die Mühe, in die Kamera zu schauen. Und die Postproduktion des Etiketts oblag ebenfalls einem Rindvieh.

Der Birnenträsch vom Sternenhof mit stilvoller Zeichnung und immer noch sehr kraftvollen 50 Prozent Alkohol. Die starken Brände werden übrigens selten pur genossen. Ich durfte einen traditionellen Schnapskaffee kosten, dazu wird ein sehr dünner Instant-Kaffee aus etwa einem Teelöffel Pulver auf eine Tasse Wasser mit kaum mehr als einem Deckel voll Schnaps aromatisiert.

Ein Höhepunkt des Abends war ein selbstgebrannter Enzian, fast so alt wie ich selber. Eine Flasche des legendären Kräuterbrandes kostet 80 Franken, so er denn auf den Markt findet. Man reichte nur einen Teelöffel, nicht etwa wegen des Preises, sondern wegen des als sehr medizinisch empfundenen Geschmacks. Die vielen Bitterstoffe entfalteten sich zu Holzaromen und Lack, aber durchaus nicht unangenehm. Der viel besungene blaublühende Enzian tut aber nur blau blühen, für die Getränkeherstellung werden dagegen die Wurzeln des gelben Enzians mühevoll ausgegraben und dann vergoren.