Schnaps ist Schnaps

Ich kann keine Spirituosen besprechen. Entweder der Schnaps ist untrinkbar. Dann trinke ich ihn nicht. Oder das Stöffchen ist lecker. Dann wird’s genossen und nach anderthalb Gläsern verziehen sich Objektivität und gesunder Menschenverstand in ihre Privatgemächer und machen eine verdiente und beabsichtigte Pause. Die Geschmacksknospen derweil verharren in einer Zwischenwelt, halb brennende Betäubung und halb Geschmacksexplosion der vergeistigten Aromen. Bisher entwickelte ich auch noch keine Präferenzen, ich weiß also nicht, ob ich nun braune, faßgelagerte oder Klare besser finden soll. Auch der Rohstoff ist mir relativ egal, gute Brände können aus Korn oder Wein oder Obst oder oder oder gemacht sein. Wo immer die Natur Stärke versteckt hat, wir finden schon Mittel und Wege die zu vergären. Also bleibe ich bei meiner anfänglichen Feststellung: Zum Schnaps habe ich eigentlich nichts zu sagen, ich wollte mir halt nur bißchen Text aus den Fingern saugen, damit die trüben Smartphone-Fotos nicht ganz so alleine dastehen. AW

Theilersbirnen 62

Der Hundemattli spezial Schnaps stammt offensichtlich aus der privaten Brennerei schweizerisch-schottischer Hochlandrinder. Schon polnische Wisente beweisen mit Zubrovka ja, daß Rinder sehr gute Spirituosen herstellen können. Die Hundemattli-Herde jedenfalls überzeugt mit starken Birnenaromen und ziemlich vielen Prozenten. Mit dem Marketing allerdings ist es nicht weit her. Zum Fototermin abkommandierte Jungtiere machten sich nicht mal die Mühe, in die Kamera zu schauen. Und die Postproduktion des Etiketts oblag ebenfalls einem Rindvieh.

 

Birnenträsch

Der Birnenträsch vom Sternenhof mit stilvoller Zeichnung und immer noch sehr kraftvollen 50 Prozent Alkohol. Die starken Brände werden übrigens selten pur genossen. Ich durfte einen traditionellen Schnapskaffee kosten, dazu wird ein sehr dünner Instant-Kaffee aus etwa einem Teelöffel Pulver auf eine Tasse Wasser mit kaum mehr als einem Deckel voll Schnaps aromatisiert.

 

Enzian

Ein Höhepunkt des Abends war ein selbstgebrannter Enzian, fast so alt wie ich selber. Eine Flasche des legendären Kräuterbrandes kostet 80 Franken, so er denn auf den Markt findet. Man reichte nur einen Teelöffel, nicht etwa wegen des Preises, sondern wegen des als sehr medizinisch empfundenen Geschmacks. Die vielen Bitterstoffe entfalteten sich zu Holzaromen und Lack, aber durchaus nicht unangenehm. Der viel besungene blaublühende Enzian tut aber nur blau blühen, für die Getränkeherstellung werden dagegen die Wurzeln des gelben Enzians mühevoll ausgegraben und dann vergoren.

Tu felix Helvetia

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Als die Eichhof-Brauerei an den Heineken-Konzern verkauft wurde, gab es laut Wikipedia eine Unterschriftensammlung dagegen. Letztlich beugten sich die eidgenössischen Biertrinker aber dem demokratischen Mehrheitsbeschluss der Aktionäre.

In einem lieblichen Tal, unweit des großen Sees, an dem ein deutscher Dichter einst die Gründung der Schweiz verortete, ist die Welt noch in Ordnung. Die Bergspitzen leuchten weiß, die anmutigen Matten darunter strahlen grün, durchs Wohngebiet schlendern Teenager mit duftenden Hanfzigaretten und der Alpina in der Garage des Nachbarn ist ein ganz bescheidenes Serienmodell. In dieser gemütlichen Umgebung wird der Gast selbstverständlich mit einem kühlen Bier begrüßt. Wir trinken Eichhof Lager aus der Flasche. Ein erfrischendes Kaltgetränk das bei den ersten zwei Schluck mit karamelligem Malzgeschmack überrascht, sich dann aber unauffällig in die Riege der internationalen Lager mit Schraubkronenkorken einreiht. Das ist aber nicht schlimm, denn zum Essen gibt es Wein und wenn man Alkohol möchte, werden Brände gereicht. Beim Begrüßungsbierchen erfährt der Fremde auch die Alltagssorgen, denn auch im lieblichen Tale ist nicht alles eitel Sonnenschein: Die Armee bietet seit den 90ern immer weniger Arbeitsplätze, die Gemeinde macht dem Selbstständigen das Leben schwer und oft ist der Winter zu warm und feucht, das selbstgetrocknete Rindfleisch gelingt dann nicht.

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Vielleicht liegt es am rustikalen Alkoholkonsum, oder an der Tatsache, daß Französisch hier auch Amtssprache ist: Bei der Umschrift von Fremdwörtern herrscht ein liberaler Geist.