Fette Ente an Moonshine Whiskey – Buchbesprechung „Fup“ von Jim Dodge

Neulich kam Fup in unsere Redaktionsräume. Fup ist eine Ente und Hauptperson in dem gleichnamigen Buch von Jim Dodge. Fup ist ein heiteres Märchen, das wir mit Vergnügen in zwei oder drei Tagen genossen haben. Fup ist keine große Literatur, es ist ja auch nur ein ganz kleines Buch mit wenig mehr als 100 Seiten, die auch noch von etlichen Zeichnungen, zur besseren Veranschaulichung der Handlung, aufgelockert sind. Aber in ihrer Kleinheit ist Fup eine Perle. In der englischsprachigen Welt ist die 1983 erschienene Geschichte wohl schon eine Art Klassiker. Für deutsche Leser gilt als Qualitätsbeweis, dass Fup von Harry Rowohlt eigenhändig übersetzt wurde. Wir kennen weder Herrn Rowohlt noch Herrn Dodge persönlich. Uns hat einfach die Geschichte gefallen.

Sie ist rau, stellenweise zu häßlich, um sie Kindern vorzulesen, ohne sich als Erwachsener für das Erwachsensein schämen zu müssen. Für Erwachsene wiederum ist Fup oft zu profan.

Die Ente Fup Duck lebt mit dem alten Grandpa Jake und seinem Enkel Tiny zusammen auf einer Farm irgendwo im nördlichen Kalifornien ein relativ einsames und beschauliches Leben. Eigentlich sind sie alle ziemlich Fup duck. Tiny ist verwaist, seine Mutter starb bei einem tragischen Unfall am Ententeich, Tiny wurde als Kleinkind Zeuge des Unglücks. Er wird seit dem von Großvater Jake aufgezogen. Der wiederum scheint für die Kinderaufzucht erstmal nicht besonders gut geeignet zu sein. Er ist bärbeißig, schlecht beleumundet und in unanständig hohem Greisenalter. Der rüstige Mittachtziger verdient sein Geld mit Selbstgebranntem und privaten Pokerrunden, als Hobby sucht er gern Streit.

Wenn die Rolle der fehlenden Mutter ersatzweise von einer Ente ausgefüllt wird, darf der Großvater eben auch eine Schnapsdestille im Schuppen verstecken. Der alte Jake ist angekommen. Er hat immerhin das ultimative Schnapsrezept und mit der Herstellung des perfekten Lebenswassers Aufgabe, Bestimmung, Sinn und Ziel. Frauen haben da keinen Platz mehr, Jakes Geist ist mit Glücksspiel und Schwarzbrennen in Beschlag genommen.

Das Waisenkind gerät dann natürlich etwas merkwürdig. Die Umgebung ist nicht wirklich gesund für ein Kind und der Enkel wächst selbstverständlich zu einem äußerst kauzigen Berg von einem zwei Meter großen Kindmann heran. Seine Tage auf der Farm füllt er aus, in dem er mit äußerstem Ehrgeiz Barrikaden gegen die Aussenwelt errichtet. Aber zumindest hat der Junge einen herzensguten Charakter.

Viel mehr passiert nicht

Trotzdem gibt es genügend Merkwürdigkeiten zu erzählen.

Natürlich saufen sie alle drei permanent ihren Fusel, sonst wäre ihre Existenz ja auch kaum auszuhalten. Grandpa Jake verdrückt täglich mindestens einen halben Liter, er beginnt damit schon nachmittags, unmittelbar nach dem Aufstehen. Er trinkt, um seine Träume in Fahrt zu bringen. Er träumt gern und schläft stets bis Mittags. Tiny trinkt immer nur einen Schluck vor dem Schlafengehen, um die Träume fernzuhalten. Tiny träumt nicht so gern und steht gern früh auf. Die Ente ist in ihrem Konsummuster irgendwo zwischen Grandpa und Tiny einzuordnen. Sie neigt aber eher Richtung Grandpa. Die Ente scheint also ebenfalls eine Träumerin zu sein, obwohl sie, wegen ihrer Verfressenheit, auch früh aufsteht. Sorgen um irgendwas brauchen sie sich nicht zu machen, denn der Schnaps macht sie unsterblich. Ente und Großvater haben Glück und Sinn gefunden. Tiny jagd seinem noch hinterher, er wird es aber finden.

Hier wird also das Märchen vom herzensguten Haderlump erzählt, der versoffene Spieler, der gleichzeitig der richtige Ziehvater für ein bedürftiges Waisenkind ist. Es scheint ein beliebtes Märchenmotiv aus dem amerikanischen Legendenschatz zu sein. Die kalifornische Landschaft bietet dafür ja auch die passende Kulisse, eine Märchenwelt, in der ein Spieler mit Chuzpe sich eine Farm als Lebensgrundlage gewinnen und unterhalten kann. Das Motiv ist uns übrigens leidlich bekannt aus Film und Fernsehen, in vertrackten Situationen gestrandete Menschen, die irgendwie miteinander ihr Glück finden. Die zweieinhalb Männer des Charly Sheen fallen da spontan ein – einem Ashton Kutcher nimmt man den Trunkenbold nicht ab. Sehr anrührend dagegen hat in jüngerer Zeit Bill Murray als heiliger Vincent das Thema sogar auf die Kinoleinwand gebracht.

Der wirklich wahre Experte für verlorene Seelen am Pazifikstrand ist natürlich der große Steinbeck. Steinbeck nun ist gewaltig, echt episch, deshalb auch anstrengend und oft sehr traurig. Die Kinder werden zu früh erwachsen und vor allem Steinbecks Frauenbild ist noch sehr konservativ. Da wüten östlich von Eden männerfressende, scheinbar direkt der Hölle entsprungene Prostituierte. Arme, alte Mütter wiederum versterben auf kräftezehrender Wirtschaftsflucht und müssen ohne Grabstein verscharrt werden in fremder Erde, aus welcher dann zwangsläufig nur Früchte des Zorns wachsen können. Steinbecks Frauen kosten Nerven.

Das tut Fup in keiner Weise. Eine fette, zickige und autoritäre Ente ist nun mal viel beschaulicher und harmloser. Als einzige weibliche Hauptrolle in dem kleinen Märchen funktionert sie. Völlig anders als erwartet, aber erstaunlich gut funktioniert sie. Wer eine Rezension lesen will, die aus den wichtigsten Textstellen besteht, kann sich hier beim Deutschlandfunk davon überzeugen.

Jim Dodge hat mit Fup eine ehrliche Komödie über eine tieftraurige Situation geschrieben. Denn wenn eine Katastrophe erst einmal Alltag geworden ist, kann man darüber lachen. Und an seinem persönlichen Rezept für das Glück feilen. Eine Farm im Nirgendwo und eine Destille sind ein guter Anfang. Viel mehr braucht man auf der Welt nicht zum Glücklichsein.

Enten kämpfen

Schnaps für die Kneipe – John Powers Irish Whiskey

Irish Pub Lir

In seltenen Fällen überwinden wir unsere berufsbedingte Sozialphobie und gehen auch mal auf einen Drink in eine Kneipe. Und dann müssen wir natürlich sofort darüber schreiben. Diesmal traf es das Irish Pub in der Nachbarschaft. Man kann nun darüber streiten ob es der oder das Pub heißt. Genau wie beim Blog, welches ursprünglich ein Web-Logbuch ist, ist Pub eigentlich das Public House und müsste dementsprechend neutral sein. Das kann man aber auch lassen und einfach hingehen und einen trinken. In der kalten Winterszeit kommt da natürlich nur ein Schnaps in Frage, ganz stilecht ein Whiskey. Und zwar jetzt ausdrücklich nicht irgendwas, das älter ist, als unsere Schuhe und Jacken zusammengerechnet und mit unaussprechlichem Namen daherkommt, sondern ganz simpler Trinkstoff. Im Irish Pub drängen sich da zuerst die Namen Paddy und Jameson auf. Die sind mir aber ein wenig zu rau, auch wenn letzterer ein ausgezeichnetes Mittel gegen morgendliche Depression und akuten Zynismus sein soll. Das haben wir aber zur Zeit gar nicht nötig, denn die Stimmung ist gut in der Redaktion. Schließlich stand da im Schnapsregal auch der dritte im Bunde der irischen Alltagsverschönerer:

Der hierzulande nicht ganz so bekannte John Powers

Das ist ein absolut empfehlenswerter Schnaps, der angenehm schmeckt und genau das tut, was er soll. Nämlich von innen wärmen und eine gelöste, nostalgische Stimmung erzeugen. Das führt dann zu schwärmerischer Identifikation mit dem nur als Tourist erfahrenen Nationalgefühl der Iren. Eine bewundernswerte Eigenschaft ist, das dieses Volk scheinbar jedes Unglück zu Kultur verarbeiten kann. Ob das nun verlorene Kriege, Kolonisation, Hungersnot oder eben der Alkoholismus ist.

John Powers Whiskey Glas

Der sanfte, unaufdringliche Kornbrand rief uns dann ein besonders schönes Beispiel dafür in Erinnerung. Und zwar das Buch „The Dalkey Archive“ von Flann O’Brian. Wir lasen vor Unzeiten mal die deutsche Übersetzung, „Aus Dalkeys Archiven“.

Davon ist aber so gut wie gar nichts mehr in Erinnerung geblieben

Wahrscheinlich waren wir beim Lesen zu bekifft und viel zu wenig betrunken. Es dämmerte nur eine Szene wieder auf, wo der Protagonist, dessen Name auch vergessen ist, am Vormittag an einer Bar bei einem Whiskey darüber sinniert, daß er angesichts seiner baldigen Verlobung sein Alkoholproblem in den Griff bekommen und vielleicht demnächst damit anfangen möchte, am Vormittag nur Sherry zu trinken. Wir waren auch schon mal in Dalkey, denn den Ort gibt es wirklich. Das ist ein verschlafener Küstenort südlich von Dublin unter bleiernem Himmel. Es geht dort viel Bergauf und Bergrunter und man findet wenig Gründe, die dagegen sprechen, am Vormittag mit Whiskeytrinken anzufangen.

Also befragen wir Wikipedia. Und tatsächlich kommt die Erinnerung wieder. Der Protagonist und sein Kumpel haben in Dalkey eine wichtige Mission. Sie müssen einen gemeinsamen Freund, den verrückten Professor de Selby, davon abhalten, die Welt zu zerstören. Glücklicherweise ist diese Mission ziemlich angenehm, denn de Selby hat auch eine Zeitmaschine gebaut, die er benutzt, um billigen Trinkwhiskey in kürzester Zeit zu edlen Tropfen reifen zu lassen. Davon dürfen alle seine Freunde ausgiebig kosten. So sind sie geistig gewappnet, wenn der Dorfpolizist ihnen seine wissenschaftliche Theorie unterbreitet. Der zufolge verwandeln sich die Menschen in Fahrräder und die Fahrräder werden dabei ihrerseits zu Menschen. Wenn man es liest, klingt es erschreckend logisch. Ein heiteres Buch. Lest es. Wir sollten das auch demnächst mal wieder tun.

Kerze im Irish Pub Lir

Imperial Stout Craft Beer

Auswahl1

Schwarzbrot Format 0,33 l

Grade ein Glas Imperial Stout „Berliner Nacht“ von meinem Lieblings-Craft-Beer-Brauer Brewbaker (dem einzigen, den ich kenne) genossen. Schmeckt in echt so wie das, wie es ein Werbeplakat von Guiness verspricht. Und hat mal eben 9% Alkohol. Hab ich nicht bedacht und normal schnell getrunken. Auf halbem Weg an mein liebe Schwiegermutter gedacht. Die mag das schwarze Bier nicht, deshalb hab ich ihr einen Whiskey Sour angeboten und mir beim Limettenschneiden das Messer in den Finger gehackt. Tat scheiße weh wegen des Zitronensafts. Wir lernen: Starkes, leckeres Bier immer schön langsam genießen. Überlege, ob ich die zweite Flasche noch vernichten sollte. AW