Die Sache mit dem Kratom

Der alte Affe

Alle haben sie einen gewarnt und man hat sich so ein bisschen gefühlt wie bei den Kindern vom Bahnhof Zoo, nur bei uns war das natürlich ganz anders, weil wir niemals fixen würden und überhaupt sind wir ja eh total vorsichtig und gar nicht so suchtgefährdet. Es war fast so wie man sich das so vorstellt, nur dass wir am Ende eben tatsächlich nicht komplett abgekackt und auf Opiaten hängen geblieben sind. Schwein gehabt. Knapp war’s trotzdem und ich kann nun aus eigener Erfahrung sagen, so ein Entzug  ist echt nicht witzig. Obwohl es in meinem Fall nur 2-3 Tage RLS (Restless Leg Syndrome) und frieren nach neun Tagen Dauerkonsum im Rahmen einer intensiven symbiotischen Verschmelzung mit einem Mitmenschen waren.

Mit einer bestimmten opioid wirkenden Pflanze habe ich die meisten Erfahrungen gesammelt. Sie ist völlig legal, nicht im BtmG gelistet und frei erhältlich, was ich persönlich nicht schlimm finde, da ich ohnehin eine Legalisierungspolitik unterstütze, aber das gehört hier jetzt nur am Rande bemerkt.

Die Rede ist von Mitragyna speciosa, allgemein auch bekannt als Kratom.

Als ich zum ersten Mal davon erfuhr, war ich gleich neugierig. Denn allgemein äußerten die Menschen in entsprechenden Chatrooms und Foren die Meinung, dass dieses Kraut ein sehr geringes Suchtpotential habe und ohnehin eher subtil wirke. Es wird zumeist in Pulverform angeboten und als Tee oder in Kapselform oral konsumiert.

Durch die subtile Wirkung ist Kratom recht alltagstauglich, aber auch nett für einen entspannten Abend. Da die Rauschwirkung einen nicht so umhaut, hat man in der Regel auch keine Probleme mit Blackouts oder der Verdauung. Es sei denn, man konsumiert täglich, was, entgegen der allgemeinen Meinung des Internets, durchaus recht fix zu einer körperlichen Abhängigkeit mit typischen Entzugssymptomen führen kann. Dennoch muss auch gesagt werden, ein Entzug von Kratom ist in der Regel nicht so intensiv wie der von starken Opiaten wie beispielsweise Morphium. Nicht, dass ich da persönlich großartige Erfahrungen hätte, solche Vergleiche ziehe ich vor allem aus Berichten von Freunden und dem gelobten Internet.

Tagtraum

Keine Tagträume, dafür Nebenwirkungen

Kratom ist auf jeden Fall nichts für Konsumenten, die es auf Nodding abgesehen haben. Nodding ist dieses Dösen im traumartigen Halbschlaf nach Opiatkonsum. Bei manchen Sorten ist es in höherer Dosierung zwar durchaus möglich, diesen Zustand zu erreichen, aber das geht meiner Erfahrung nach mit dementsprechend verstärkten Nebenwirkungen einher. Es stellt sich außerdem recht schnell eine unangenehme, anhaltende Übelkeit ein, wenn man den Zeitpunkt des Konsums bzw. Nachlegens nicht an der Nahrungsaufnahme ausrichtet. Will heißen, hat man zu viel oder zu wenig im Magen, beeinflusst das sowohl den Wirkungseintritt, als auch die Übelkeit und den allgemeinen Rauschverlauf.

Mir persönlich vermiest aber vor allem eine Nebenwirkung den Rausch, nicht nur bei Kratom. Denn von Opiaten bekomme ich Kopfschmerzen und da bin ich nicht die einzige. Etwa ab der Hälfte des Rauschs stellen sich fast immer oberflächliche aber dennoch fiese Kopfschmerzen ein, die auch den gesamten nächsten Tag kaum abklingen. Ist das nicht paradox? Opiate und Opioide sind allround-Schmerzmittel, die Kopfschmerzen auslösen.

Wenn ich ganz ehrlich bin, heule ich dem aber kein Stück nach. Die Nebenwirkungen sind mir den Rausch nicht wert und das ist auch gut so. Während des Rauschs fühlt man sich so schön geborgen in sich selbst. Es ist schon wahr: ein Opiumrausch – oder auch ein Kratomrausch – ersetzt psychologisch gesehen körperliche Nähe und Zuwendung und nimmt einem Angst und Sorgen. Wie bei allen anderen Mittelchen mit ähnlicher Wirkung liegt aber genau darin die Gefahr und wie immer gilt auch hier, das Maß macht das Gift.

Gestrandet