In meiner Schulzeit rauchte NRW meist niederländische Cannabis-Produkte aus Ameisenhandel. Niemand kannte Kriminelle oder echte Dealer. Rauchwaren wurden privat verteilt. Wer regelmäßg was hatte, war dann Verticker oder eben Ticker. Das konnten sehr unterhaltsame Charaktere sein.
Der Anthroposoph ging natürlich auf die Waldorfschule. Er trug immer blaue und grüne Stränen im blonden Haar. Ich kannte ihn schon seit der späten Kindheit und verstand mich gut mit ihm. Wir waren nie eng befreundet, schließlich ging er auf eine andere Schule. Da er in der Nähe wohnte, sahen wir uns ab und zu im Bus.
Als ich dann gern mal rauchte, hieß es, der Anthroposoph könne manchmal was abgeben. Also besuchte ich ihn. Der Vater öffnete die Tür, dabei grinste er übertrieben, als wüßte er genau worum es ging. Geht wohl etwas offener zu in Anthroposophen-Familien, dachte ich so bei mir und stellte keine Fragen.
Es gab tatsächlich ein schönes Täfelchen Schokolade, aber keine Waage und keine vorgepackten Portionen. Der Anthroposoph benutzte ein gutes altes Holzlineal. Damit bemaß er fachmännisch die Platte und verteilte sie. Ich war beeindruckt: Geometrie und Dreisatz lernen Anthroposophen also ganzheitlich und praxisnah. In meiner öffentlichen Schule bedeutete Mathe eher kollektives Anbrüllen, dann die Dummen einzeln quälen und die Schlauen in ihrer Langeweile schmoren lassen. Um seelische Folgeschäden zu minimieren kifften wir. Den Stoff gab’s jetzt quadratzentimeterweise beim Jungen von der Waldorfschule. Der Preis war zwar nicht menschenfreundlicher als anderswo. Aber die Menge stimmte immer aufs Zehntelgramm genau.

Untypisches Messwerkzeug eines Tickers, funktioniert nur bei Haschisch-Platten, nicht bei Gras. Das gab es komischerweise auch nicht so oft. Vielleicht sind kompakte, geruchsarme Platten sicherer geschmuggelt. Sicherlich machten die Niederländer bessere Angebote für das Braune. Wahrscheinlich aber müssen minderjährige Schulkinder eben Pressspan quarzen, während die großen Jungs das gute Grüne genießen.