Berliner Stout Brand – der umständlichste Schnaps der Welt

Schnaps im Glas

Brewbaker macht endlich richtig harte Drogen mit ordentlich viel Alkohol drin. Zur Verkostung und zum Verkauf stand in der Brauerei ein Stout-Brand mit soliden 40 Umdrehungen. Aus hauseigenem Schwarzbier destilliert, wurde das Wässerchen dann einige Jahre auf Holz gelagert, sogar verschiedene Sorten sind im Angebot. Die Chefin kredenzte dem neugierigen Besucher die No. 3, „Dunkle Premium-Röstung“, diese erste Empfehlung war direkt ziemlich lecker und wanderte in den Einkaufskorb. Da erstanden wir also ein Fläschchen feinen, deutschen Kornbrand, durch Ausbau auf Holzspänen wurde daraus sogar so etwas wie ein richtiger Whisky. Das Getränk ist sehr edel und macht sich auch hübsch im Glas. Ein wirklich angenehmer Absacker, auch gut zum Wachwerden um 9 Uhr Abends, wenn ein Abgabetermin unangenehm nahe gerückt ist oder man seit einem Monat keine Blogbeiträge mehr veröffentlicht hat.

Über die subjektiven Eindrücke einer Spirituose könnte man nun viel reden, vom Lesen allein wird aber keiner betrunken und am Ende schmeckt es jedem anders. Konkrete Werte sind da viel interessanter. Der Tropfen hat nämlich einen nicht unerheblichen Makel, welcher dringend kommuniziert werden muss: Der Spaß ist unglaublich teuer. Eine Flasche ist nun mit 25 Euro durchaus bezahlbar und ein nettes Mitbringsel. Bis man dann realisiert, dass da nur ein Viertel Literchen drin ist. 100 Euro kostet der Liter, meine Herren, selbst hochwertige Spirituosen müssen sowas schon mit einem alten Namen, besonders getöntem Flaschenglas oder einer schicken Geschenkverpackung rechtfertigen.

Das ist echt ein Unfall, anders kann man das nicht nennen. Das streiten die Brauer auch gar nicht ab. Der Schnaps entstand nämlich äußerst umständlich. Es fing wohl an mit ein paar tausend Litern Stout, bestellt und nicht abgeholt. Da wollte jemand den St.-Patricks-Day feiern und hatte vergessen, Iren einzuladen. Kann ja mal passieren. Immerhin besser als bestellt, abgeholt und dann nicht bezahlt. Nachverhandeln ist der Euphemismus für solche betrieblichen Unglücke auf Manager-Sprech und die sind für Mittelgroßunternehmer immer ein schöner Grund, mit huldvoller Miene zu verkünden, dass es dieses Jahr wieder kein Weihnachtsgeld gibt. Was aber macht ein Kleinunternehmer mit einer mittelkleingroßen Menge nicht besonders haltbarem Schwarzbier? Vergammeln lassen? Ja, das geht. Das ergibt Essig, der ist sogar gar nicht schlecht. Aber jetzt auch kein Hammer, leider kein 1000jähriger Bio-Balsamico oder so, sondern halt einfach so ein normaler, milder Salat-Essig. Der trägt die Verluste nicht. Also haben sie das meiste Bier zu einer Schnapsbrenne gekarrt, den Brand auf Fässer mit Holzspänen gezogen und so lange da liegen gelassen, bis der Frust über den verunglückten Auftrag einigermaßen verflogen war.

Immerhin, nach nur drei Jahren auf dem Holz kann der Berliner Stout-Brand sogar mit einem richtigen Single Malt mithalten. Gegengetestet wurde ein Duty-Free-Impulskauf zu 60 Euro/Liter, der, laut Etikett seine 12 Jahre im richtigen Holzfass auf dem Buckel hatte. Und die nehmen sich beide nichts, da macht der dreijährige Berliner keine schlechte Figur. Beide haben noch eine leichte Schärfe, die kann man so lassen, damit es sich nach Schnaps anfühlt, die kann man aber auch mit einem Tropfen Wasser rundschleifen. Das Ergebnis ist ein weicher Brand, edel und nachhaltig in den Aromen, aber nicht aufdringlich. Ob das Schwarzbier durchschmeckt, weiß ich nicht. Ich kann das nicht erkennen und ein einfaches Maischen von Malz ohne das Brauen wäre bestimmt ein bißchen billiger gekommen. Andererseits, wenn man sich mal andere Produkte aus Kleinbrennereien ansieht, die kosten auch alle ähnlich viel und werden aus Rücksicht auf die Psyche der Kunden ebenfalls in kleinen Fläschchen unter die Leute gebracht. Da schlagen sich eben immer Arbeitsaufwand und vor allem die Steuern nieder. Der Staat will schließlich auch fleißig von unserem Rausch profitieren, irgendwer muss ja die Infrastruktur eines Hochlohnlandes ersaufen. Trinken also ist immer förderlich für den Staatshaushalt und wenn es dem Staat gut geht, geht es auch den Menschen gut. Wem das zu unpersönlich ist, der konsumiere bewusst, hochwertig in kleinen Mengen und folge dem Motto der Drogenpolitik: Unterstützt die Brauer und Brenner in Eurer Nachbarschaft!

Schwarz und stark – Guinness Foreign Extra Stout

Guinness Foreign Extra Stout

Starkes, bitteres Stout ist absolutes Lieblingsbier hier bei uns in der Redaktion. Klar, der erhöhte Alkoholgehalt spielt dabei natürlich auch eine Rolle. Ein Bier mit deutlich über 6 % Alkohol halten wir für drogenpolitisch äußerst wertvoll. Denn wir wollen ja von einem Bier auch etwas spüren, es sollte dabei aber immer gerne nicht viel mehr als ein Bier sein. Wir müssen schließlich auch auf unsere Linie achten. Zum vorsätzlichen Rauschtrinken empfehlen wir, wie schon verschiedentlich erwähnt, richtige Alkoholika. Wer aber einen Pegel halten muss, der trinkt sowieso Wein. Für Weinbesprechungen trinken wir hier aber doch zu wenig, deshalb fehlt uns die nötige Kompetenz zum hochtrabenden Fabulieren.

Wir bleiben daher in unseren Artikeln lieber bodenständig beim Getreidesud.

Ein hoher Alkholanteil im Bier also hat ja neben seiner spürbaren Rauschwirkung zusätzlich den Vorteil, ausgezeichneter Geschmacksträger zu sein. Man braucht das Starkbier nicht wie Wasser zu stürzen, sondern bekommt mit jedem Schluck eine sättigende Fülle an Aromen. Ein Stout nun hat mitunter sehr viele Aromen. Diese sollten aber idealerweise dicht gepackt sein, zu einem befriedigendem Ganzen. Ich denke gern an kräftiges Essen für kalte Tage. So, wie wenn man in einem lange gekochten Eintopf die einzelnen Zutaten ahnt, aber nicht mehr wirklich unterscheiden will. Sicher, auch bei einem Stout könnte ein Connaisseur fabulieren, über Kaffee und Schokolade, Röstgrade und was einem bei der Nichtfarbe Schwarz halt sonst noch so alles durch den Kopf gehen mag. Aber solche Menschen, ich erwähnte es bereits, schreiben eigentlich lieber über Wein. Ich dagegen denke bei einem gehaltvollen Stout schlicht an Schwarzbrot und Teer. Passend dazu fällt mir „Hot Asphalt“ ein, die schöne Ballade über wackere Bauarbeiter, die Landstraßen asphaltierten.

Wer keine Geduld hat, um bis zur Pointe dieses über mehrere Strophen ausgewalzten Schwankes zuzuhören, kann auch die Suchworte „irische Traveller Wallfahrt“ bei Google eingeben und die Meldungen studieren. Die handeln davon, wie irische Zigeuner im Rheinland Marienverehrung betreiben und dabei die Anwohner und Lokalreporter mit Zechprellerei und seriösen Angeboten, Einfahrten zu asphaltieren, unterhalten. Ich glaube, man darf diese fast zur Ethnie geronnenen Nachfahren von Wanderarbeitern Zigeuner nennen, denn es ist ja nicht rassistisch, solange die Zigeuner weiß und Europäer sind. Außerdem ist es für uns als Rheinische Protestanten statthaft, Katholiken zu verunglimpfen. Wir beneiden die Papisten nämlich schrecklich, weil die kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie an einem ihrer zahlreichen Feiertage vormittags das Biertrinken anfangen.

Die ganze lange Fabuliererei gilt nun einzig einem Zweck:

Nämlich zum bekanntesten Industrieunternehmen Irlands überzuleiten, der Firma Guinness in Dublin. Deren Standardbier, das Irish Drought, ist uns aber zu schwachbrüstig und wässrig, weshalb es auch außerhalb der Stadtgrenzen Dublins überhaupt nicht mehr gut schmeckt. Es gibt allerdings ein stärkeres Exportbier, das Foreign Extra Stout, welches durchaus neben einem Imperial Stout aus handwerklicher Fertigung mithalten kann. Angesichts des Preises von unter 2 Euro pro Flasche ist es sogar ein sehr beachtliches Getränk, wenn man nicht aus ideologischen Gründen sein Alkoholgeld industriellen Brauereien vorenthalten und nur bärtige Kleinbetriebe unterstützen will. Zu kaufen kriegen wir unser Foreign auch nicht in der Bierboutique, sondern im asiatischen Lebensmittelmarkt, wo wir regelmäßig vorbeikommen, wenn wir uns mit unserer lebensnotwendigen Grundausstattung an Glutamat eindecken. Wir empfehlen übrigens immer, das japanische Original-Glutamat und raten von billigen Imitaten ab. Aber egal wie würzig-deftig-scharf die Mahlzeit, ein Stout, zumal ein stärkeres, hält dagegen. Nicht aufdringlich, aber robust. Vielleicht ist das ja auch der Grund, weshalb wohlschmeckendes Stout in vielen ostasiatischen Bierregalen einen festen Platz hat, auch in solchen Ländern, die niemals die zivilisatorischen Wohltaten des britischen Empires genießen durften. Wir erheben also unser Glas auf mehr als 150 Jahre erfolgreiche Globalisierung, die hoffentlich auch weiterhin asiatische Spezialitäten kostengünstig in unsere Küchen spült, aber unsere Nachbarschaft vor irischen Asphaltkochern verschont.

Brewbaker – Mein Lieblingsnachbar ist ne Brauerei

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Glück ist, wenn man an heißem Augusttag für eine Reportage eine Brauerei besichtigen muss.

Kürzlich besuchte ich die Brauerei Brewbaker. Diese liegt nur ein paar Straßen von meiner Wohnung entfernt in der Sickingenstraße in Moabit. Nach dem ich nun etliche Jahre deren Biere besonders gern trinke, habe ich nämlich endlich herausgefunden, dass sie direkt in der Brauerei ihr Bier verkaufen und auch Führungen anbieten. Ich las und tat und muss deshalb gleich zu Anfang eine Richtigstellung veröffentlichen über alles, was ich bisher zu Brewbaker-Bier schrieb:

Denn frisch aus dem Kühlraum der Brauerei schmeckt das alles mindestens doppelt so gut wie aus dem Laden und dann bei mir zu Hause schlecht gelagert. Alles was ich bisher über das Bier gesagt habe, war also falsch und quasi gelogen. Das frische Bier bringt mich dann dazu, es so schnell wegzutrinken, dass ich gar keine Zeit habe, irgendwelche Geschmäcker zu unterscheiden. Und eigentlich will ich sofort noch eins trinken und gar nichts darüber schreiben. Außerdem hat das der liebe Bloggerkollege schlimmerdurst neulich viel, viel besser gemacht. Wer also eine vernünftige gustatorische Rezension lesen will, schau sich diesen schönen – übrigens von mir initiierten Bericht über drei Brewbaker-Biere an.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Michael Schwab engagiert sich für gutes Bier

Der Braumeister, Chef und Gründer, Michael Schwab machte die Brauereiführung. Groß zu führen gibt es allerdings nichts. Der Betrieb liegt in einer kleinen Lagerhalle, das Gebäude teilt er sich passend mit einem Getränkehandel. In der einen Hälfte stehen sechs oder sieben Edelstahlkessel, viel Platz nimmt das Flaschenlager ein. Und wenn grad kein Brautag ist, steht das Bier halt in einem der Kessel herum und möchte dabei gerne in Ruhe gelassen werden. Natürlich gibt es unangenehme Alltagsdinge zu erledigen. Zum Beispiel Kessel reinigen oder verschlissene Kleinteile austauschen. Solche Details wurden mir zum Glück erspart, stattdessen setzte sich der Chef bei einem lecker Bierchen an den Tisch vor der Bürobox und erzählte aus dem Brauer-Nähkästchen. Dabei präsentiert er sich freundlich und zurückhaltend, extrem selbstkritisch, was seine Arbeit betrifft und sehr engagiert wenn es um korrekte Etikettierung und Herkunftsbezeichnungen von Bier geht. Damit ist er natürlich der personifizierte Marketing-Albtraum, der tatsächlich die Überzeugung lebt, nur mit guten Produkten allein am Markt zu bestehen. Wenn Schwab dann noch sagt, dass er absolut nicht der Typ dafür ist, mit Banken über Investitionskredite zu verhandeln, mach ich mir langsam Sorgen um meinen Biernachschub. Aber um genau das Bier zu machen, das seinen eigenen Ansprüchen genügt, hat er die Anstrengungen auf sich genommen, einen eigenen Betrieb zu gründen und zu führen. Und das läuft nun seit 12 Jahren und ist von der Wirtshausbrauerei zum sechs Mann starken Unternehmen gewachsen.

Mit seinen englischen Ales liegt Brewbaker voll im Trend, dabei hat er überhaupt keine Lust auf irgendwelchen Craftbeer-Hype. Andererseits ist er für experimentelles Brauen extrem aufgeschlossen, er sprudelt über vor Ideen für neue Rezepte. Da hilft er auch gerne, er möchte am liebsten sofort alles stehen und liegen lassen und begeisterten Laien helfen, in der Garage ihre Heimbrauanlage einzurichten. Oder er vermietet seine Kessel und steht dann zahlenden Braugästen mit Rat und Tat zu Seite. Ein wenig enttäuscht es ihn nur, wenn so ein Zögling direkt mit dem ersten Sud zu Festivals und Szeneläden fährt und mit buntem Etikett und großer Kampagne unausgereifte Produkte vermarktet. Man glaubt Schwab, dass er niemandem geschäftliche Erfolge neidet. Jeder kann und soll gutes Bier herstellen, sein Herz schlägt für die kreativen Heimbrauer. Als Profi aber – und das ist der studierte Brautechniker – erwartet er von Mitbewerbern, dass sie ihre hochwertigen Produkte in gleichbleibender Qualität und in ausreichender Menge produzieren können. Wenn das nicht klappt, ist der Perfektionist nicht zufrieden. Nicht mit anderer Leute Bieren und nicht mit seinen eigenen. So blickt er fast wehmütig eine Flasche aus meinem Einkauf an und sinniert über einen unerwünschten Oxidationston, den dieser Sud leider abgekriegt hatte, Schuld war ein Luftblase , welche sich aus Unachtsamkeit in den Prozess geschlichen hatte. Das näher zu beschreiben, übersteigt allerdings meine Fähigkeiten, denn mir hat das betreffende „Berliner Art“ zu Hause dann mal wieder ganz hervorragend geschmeckt.

Dringende Empfehlung der Redaktion: Wer in Moabit unter der Woche tagsüber Lust auf bestes Bier hat, soll unbedingt bei Brewbaker vorbeischauen. Ansonsten stehen auf der Website Adressen, wo man Brewbaker kaufen und trinken kann.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Eine Brauerei besteht eigentlich nur aus Kochtöpfen. Die sind halt aber ziemlich groß, haben mehr Fläche zum Saubermachen und viele Kleinteile oben und unten und vorne und hinten sowieso. 

Kaiserlich kräftig – Imperial Stouts

schoppe-black-flag-etikett

Schoppe Bräu aus Kreuzberg macht mit dem Black Flag eine fröhliche, seidig-sanfte Variante, ohne die teerige Bitterkeit abzuschwächen.

Stouts sind eigenwillige Biere. Jedenfalls für den kontinentalen Geschmack. Stouttrinken lernte ich entsprechend bei einem Irlandurlaub. Am ersten Abend bekam ich zwei Guinness verabreicht. Mir war leicht übel, obwohl ich mich nicht angetrunken fühlte. Am nächsten Abend aber meldete sich das Bedürfnis nach einem Glas bitter-holzigem Schwarzbier. Und an allen weiteren Abenden des Urlaubs. Aber immer nur eines. Für eine Alkoholwirkung ergänzte ich das Abend-Guinness dann lieber mit Hot Toddy, ein Whiskey-Grog mit Nelken, welcher außerdem als Medizin gilt, die man zu sich nehmen kann, ohne in den Verdacht zu geraten, ein sinnloses Rauscherlebnis zu suchen. Abschließend beurteilt fand ich das Guinness ganz lecker, aber nichts um fröhlich zwei, drei und viele zu trinken. Außerdem schmeckt es außerhalb Irlands fürchterlich, Puristen grenzen den Wohlgeschmack sogar auf das Dubliner Stadtgebiet ein.

courage-im-glas

Courage heißt heute die Londoner Brauerei, die wohl das erste Imperial Stout für den Zarenhof braute. Nach Originalrezept entsteht immer noch ein ausgewogenes, leckeres Bier.

Mehrere Leben später stolperte ich dann nichtsahnend über Imperial Stout. Im Prinzip wie ein Guinness, nur mit doppelt so viel Alkohol und doppelt intensivem Geschmack, vom Hahn ungemein köstlich und phantastisch wirksam. Es hatte alles, was einem gewöhnlichen Stout fehlt. Das wurde zu meinem Erweckungserlebnis mit der Craft Beer-Bewegung, ich wähle hier ganz bewußt eine gemischte Schreibweise, die englische Wortkombination ohne Bindestrich, die deutsche Wortverbindung selbstverständlich mit Strich vermählt. So kann man in zwei Sprachen orthographisch anecken. Eigentlich sollte ich jetzt noch was kyrillisches bringen, denn das Imperial Stout ist eine englische Schöpfung, welche aber wohl hauptsächlich für den Petersburger Hof der deutschstämmigen Zarin Katharina erfunden und produziert wurde. Womit dann wieder der Kreis zu den Marketingkonzepten des modernen Craft Beer’s geschlossen wäre, das ja gern mit ironisch gewichstem Traditionsbart und trotzdem flott-polyglott präsentiert wird.

auswahl1

Mein Favorit, die Berliner Nacht, ist wie alle ernsten Brewbaker-Kreationen überwältigend bitter, aber herzensgut.

Unser Glück dabei, daß bärtige Jungbrauer diesen schönen Bierstil wiederbelebten, der einst mit dem Zarenhof von der Weltbühne verschwand. So dürfen wir heute wunderbare Biere genießen, die gleichsam berauschend stark und dabei disziplinierend bitter und schokoladig-sähmig-sättigend sind. Wer aber mit nur einem Glas einen anständigen Rausch wünscht, der sollte den Outlaw Czar probieren, ein Cocktailrezept das ich bei schlimmerdurst fand. Es handelt sich dabei im Grunde um ein dunkles Herrengedeck, also schwarzes Starkbier mit Schnaps. Ich hielt mich nur sehr vage an die Mengenangaben, im Pokal schwamm dann dickflüssige Trunkenheit, die sich wie Straßenteer über samtliche Synapsen legte und auch am nächsten Tag noch deutlichste Erinnerungen an einen sehr verschwommenen Abend hervorrief.

Die drei drogenpolitisch empfehlenswerten Imperial Stouts sind übrigens kurz in den Bildzeilen besprochen.

Ein neuer Bierblog und drei drogenpolitisch uninteressante Biere

Als erstes möchte ich auf einen wirklich schönen Bierblog aufmerksam machen. Neulich fand ich ihn als Neuzugang in der Liste meiner Follower: thecrownjewelsblog. Der kommt sehr puristisch und formal daher. Für jedes Bier gibt es nur ein Bild des Kronenkorkens und ein paar Informationen in tabellarischer Strenge. In dem knappen Kommentar jedoch entfaltet sich mit viel Witz das Reisetagebuch eines nebenberuflichen Bierverkosters. Diese erfrischende Perspektive nahm ich zum Anlaß, ein paar Gedanken über meine eigenen Bierteskriterien niederzuschreiben.

Ich trinke zum Vergnügen, für das echte Rauschtrinken fehlen mir Jugend, Zeit und Kondition. Trotzdem werden alkoholische Getänke in erster Linie wegen ihrer Wirkung konsumiert. Deshalb hat ein drogenpolitisch hochwertiges Bier in der Regel einen erhöhten Alkoholgehalt. Da hab ich leicht einen im Tee auch wenn ich nur ein Bier vertrage. Weiterhin erwarte ich einen interessanten, charakteristischen Geschmack, der in Erinnerung bleibt. Dieser Geschmack darf ruhig wuchtig und aufdringlich daherkommen. Ich glaube, Fachleute sprechen da von „Körper“. Ich meine damit das Gegenteil von wässrig und dünn. Wenn ich das will, gehe ich in die nette Kneipe um die Ecke wo ich zum Preis eines Craft-Biers zwei Kölsch und ne Pommes kriege. Das mag ich auch, aber man braucht nichts drüber schreiben.

joe-flascheDiese Wässrigkeit nun ist für mich das Problem bei Onkel Joe Breakfast Stout. Ein durchaus interessantes Gebräu mit Konzept und Charakter, von einer Brauerei mit toller Website und interessanter Geschichte. Das Etikett erzählt, daß man die enthaltenen Kakao- und Kaffeebohnen schmecken soll und mit 6,2 % Alkohol ist es auch drogenpolitisch im interessanten Bereich. Allein, der Abgang ist dünn und wässrig und es bleibt nichts zurück. Vielleicht tatsächlich eher ein Frühstücksbier. Aber da hätte ich ja schon mein bewährtes Kölsch.

Alsdann stehen auf der Liste noch zwei durchaus erwähnenswerte Produkte von Fuller’s. Mit normalem Alkoholgehalt fanden die nur wegen des reduzierten Preises den Weg in die Redaktion. Sie starten also mit Handicap, aber verdienen doch eine Erwähnung.

fullers-aleFuller’s ESB Ale
Das Extra Special Bitter Champion Ale ist sehr britisch. Rot wie Prinz Harry und praktisch ohne Kohlensäure schmeckt es erst doch etwas muffig und schal. Aber schon bei Asterix lernten wir ja, die Briten mögen ihre Cervisia lauwarm. Und wenn das preisgekrönte Ale dann ein wenig bei Zimmertemperatur gestanden hat, kommt der würzige Hopfen zur Geltung. Dann wird es rund und durchaus trinkbar. Aber insgesamt eher zahm und unspektakulär.

Fuller’s Black Cab Stout
Diese zurückhaltende Milde zeigt auch das Stout des schwarzen Taxis. Das bekommt ihm aber erstaunlich gut. Es ist seidig und nicht so scharf und kantig wie etwa ein Guinness. Aber alle Aromen eines schönen Stout-Biers sind da, Kaffee und Schokolade, auch dieses typische Pumpernickel, was einen so schön satt macht. Wie wenn der Brite im mondänen Großstadtpub in einem Bildband über die wilde Atlantikküste blättert, bevor er sich wieder den Immobilienpreisen zuwendet. Und dann im butterweich gefederten, schwarzen Taxi zur nächsten Kneipe kutschiert wird.black-cab

Set und Setting mit irischen Bieren

Smithwicks

Eine Pint Smithwick’s mit ihrem kleinen Bruder, dem Glas Cider.

Jeder Hobbypsychotiker der zum Zwecke der Bewußtseinserweiterung halluzinogene Drogen nimmt, kennt die Begriffe Set und Setting. Demnach ist die Wirkung einer Droge beeinflusst von Umgebung (Setting) und der persönlichen Verfassung des Konsumenten (Set). Beim Alkohol macht man sich darum weniger Gedanken. Die Regeln für verantwortungsvolles Trinken scheinen dank jahrhundertelanger Tradition einfach: Viel hilft viel! Trink möglichst viel zusammen mit möglichst vielen Leuten. Gib dabei möglichst wenig Geld aus, dann kannst Du das Spiel möglichst oft wiederholen. Die Legende vom mäßigen Weingenuss ist übrigens nur ein kulturelles Mißverständnis. In Ländern wo schon Mittags Alkohol getrunken wird (überall südlich des Mains) muss man grade so nüchtern bleiben, dass man bei der Arbeit noch mitkriegt, wo sich die Kollegen abends zum Saufen verabreden.

Murphy's in seinem natürlichen Habitat.

Murphy’s in seinem natürlichen Habitat. Niemand weiß genau, ob es ein helleres Stout oder ein sehr dunkles Ale ist.

Aber auch Biergenuss ist Abhängig von Stimmung und Ambiente. Das kann man leicht am Beispiel irischer Biere nachvollziehen. Ein Ale, bestellt an grauem deutschen Dienstag im Irish Pub um die Ecke (die kitschigen Läden mit der komischen Musik) schmeckt, wie so eine britische Plörre ohne Schaum eben schmeckt: weder richtig bitter noch richtig süß. Deutlich besser bekommt da ein Craft-Beer zu selbstgekochtem Essen zu Hause.

Beamish

Beamish beweist: Kein Gesetz schreibt vor, dass irisches Schwarzbier immer von Guiness sein muss.

Ganz anders schmeckt das gewöhnliche Allerwelts-Ale (oder auch ein Stout) im wild-romantischen Westen Irlands: Eine genussvolle Offenbarung, gewürzt mit salziger Atlantikluft voll Wind und Regen. Am besten entspannt in Urlaubsstimmung. Überkandideltes Craft Beer braucht da keiner, das normale Bier ist lecker und teuer genug.

Wiederum völlig anders wird es dem Einheimischen bekommen, der es als Feierabend-Frust-Bier kippt, um den Alltag in einer strukturschwachen Region am hinterletzten Ende des Kontinents zu überleben.

Cliffs can kill

Auch im Urlaub kann Alkohol zu einem bösen Absturz führen. Dann verliert man seine Bierflasche und landet in der gesellschaftlichen Versenkung, wo ein einsamer Tod wartet.

Imperial Stout Craft Beer

Auswahl1

Schwarzbrot Format 0,33 l

Grade ein Glas Imperial Stout „Berliner Nacht“ von meinem Lieblings-Craft-Beer-Brauer Brewbaker (dem einzigen, den ich kenne) genossen. Schmeckt in echt so wie das, wie es ein Werbeplakat von Guiness verspricht. Und hat mal eben 9% Alkohol. Hab ich nicht bedacht und normal schnell getrunken. Auf halbem Weg an mein liebe Schwiegermutter gedacht. Die mag das schwarze Bier nicht, deshalb hab ich ihr einen Whiskey Sour angeboten und mir beim Limettenschneiden das Messer in den Finger gehackt. Tat scheiße weh wegen des Zitronensafts. Wir lernen: Starkes, leckeres Bier immer schön langsam genießen. Überlege, ob ich die zweite Flasche noch vernichten sollte. AW