Sollten wir nur noch Whisky saufen?

Es ist also passiert. Wir haben zu viel Single Malt Whisky getrunken. Auch wenn wir lange versuchten, es zu vermeiden und es bis jetzt nicht wirklich richtig wahrhaben wollten. Als Folge sehen wir uns deshalb jetzt gezwungen, wieder eine Alkohol-Besprechung zu veröffentlichen. Also genau wie die Leute, die schöne Momente verderben, in dem sie laut rufen: Schau doch mal, wie schön! Nur halt eben schriftlich. Aber es geht leider nicht anders.

Single Malt ist ein Stoff, über den man sprechen muss. Jede Marke schmeckt so eindrucksvoll und dabei eigentümlich, dass die Suche nach Worten unwillkürlich fast vor dem ersten Schluck beginnt.

Natürlich ist das Drogenverherrlichung. Und sie ist notwendig, weil sie nichts anderes als die andere Seite der Wahrheit über den verfluchten Teufel Alkohol ist. Denn die Wahrheit ist, Schnäpse können etwas erzählen. Und alle, denen Erzählung ein Wert an sich ist, müssen das ernst nehmen. Es hört sich vielleicht etwas mystisch an, wenn eine Genussmittel angeblich etwas erzählen soll. Das ist aber kein großes Geheimnis, denn unsere Geschmackssensorik ist direkt mit dem Unterbewußtsein verbunden. Und fassgereifte Spirituosen erzeugen einen sehr starken und komplexen Reiz, ungewöhnliche Geschmäcker überfallen Zunge und Nase wie eine Wolke aus Erinnerungen und Bildern, die mit Worten gefasst werden will.

Es geht also tatsächlich nicht nur um den Alkohol, es geht um das, was in dem Alkohol gelöst wurde. Also Aromen von Malzröstung und von Fassholz, auf diverse Arten vorbehandelt, angebrannt oder vorher mit Sherry belegt. Wenn also Käse durch Schimmelpilze vorverdaute Milch ist, sind braune Schnäpse der konzentrierte Geschmack von Abfallholz. Die Wirkung besteht zu einem großen Teil in der Geschichte, die sich darin und dahinter verbirgt.

Schon die britischen Kelten verehrten bekanntlich gute Geschichten und wirksamen Alkohol. Ganz im Sinne dieser Tradition könnte modernes Marketing an den Quellen des schottischen Getreidebrandes erfunden worden sein. Schließlich haben sie dort auch Mode erfunden, die, freilich nur in Kombination mit harten Drogen, sogar rothaarige Menschen attraktiv und interessant erscheinen lässt. Sie haben also Ahnung vom ganz harten Stoff. Der nun lädt ein, die Werbelügen und Schönfärbereien zum Teil unserer eigenen Legende zu machen. Darauf dürfen wir dann nach erfolgreich geleerten Flaschen völlig zurecht stolz sein, denn Glückstreben durch Konsum ist schließlich unsere vorrangige Bürgerpflicht.

Was ist denn nun so besonders an schottischem Whisky?

Fachgeschäft und gehobenes Supermarktregal halten ja so einige Produkte bereit, um den feierabendlichen Überdruss am Familienleben zu betäuben oder das telemediale Unterhaltungsangebot sensitiv aufzuhübschen. Wir mögen da eben zur Zeit Scotch am liebsten. Rum ist auch beeindruckend, aber zu laut und aufdringlich. Brände aus Trauben sind etwas eingebildet, die Königinnen der Alkoholerzeugenden Früchte machen sich im Getränk aalglatt und irgendwie höflich distanziert. Trauben haben jede Menge zu erzählen, reden aber nicht einfach so mit jedem. Dann doch lieber bodenständige, britische Gerste.

Die Kunst, einen normalen Scotch Whisky zu einem Single Malt zu veredeln, ist eine uralte Tradition. Sie geht zurück auf das Wissen der Altvorderen aus dem Jahr 1963. Da entschlossen sich die mit Massenprodukten erfahrenen Schnapsweltmarktführer, ins Premium-Segment vorzustoßen. Denn im selben Jahr, als Adenauer und Kennedy von der politischen Bühne abtraten, war die wirtschaftswunderverwöhnte Nachkriegsgesellschaft reif für etwas besseres. Die Produktstrategen von Glenfiddich besannen sich auf den speziellen Chrakter der einzelnen Brennereien. Bislang hatte man die ruppigen Brände zu einem sanften Allerweltsprodukt gemischt, was dem Franzosen sein Cuvé ist dem Briten der Blend. Nachdem irgendwann Anfang des 19. Jahrhunderts der Ire Aeneas Coffey eine leistungsfähige Kolonnendestille konstruiert hatte, konnte man große Mengen Klaren von gleichbleibender Qualität erzeugen. Der diente als Basis um die recht eigenwilligen Produkte der Dorfdestillen in einem gemeinsamen Faß zu einem gemeinsamen Nenner zu verschmelzen und über das Empire weltweit zu vermarkten. Aber was hundert Jahre gut lief, langweilt die Konsumenten irgendwann, selbst wenn es eine suchtfördernde Rauschdroge ist. Also besann man sich in den 1960ern wieder auf die eigenwilligen Dorfbrennerein, die nur mit einer Sorte, meist ruppig gedarrtem Gerstenmalz arbeiteten und nannte das dann eben „Single Malt“, eine Malzsorte.

Gerstenmalz Barley Malt

Das hat sich gelohnt

Der Markt ist riesig, ein Einstieg im mittleren Preissegment macht durchaus Spaß. Bemerkenswerter Stoff ist schon zwischen 40 und 60 Euro pro Flasche zu haben. In kaum mehr als einem Jahr kann man sich groben Überblick darüber verschaffen, was durchschnittliche Kneipe und Duty Free an Angebot bereithalten. Die breite Masse werbeorientierter Laufkundschaft muss sich erstmal auch nur drei Herkunftsregionen merken. Das sind Highlands mit immer interessanten Tropfen von mild bis heftig, aus Speyside kommen die milden und süßen und Islay produziert meist starken Geschmack von Torf und Rauch.

Die Produktpalette weist gleichzeitig unkompliziert in die höheren Preissegmente. Wenn ein Whisky geschmeckt hat, bietet sich der nächstältere desselben Namens an, schnell können auch unerfahrene Laien ins Segment 100 Euro vorstoßen. Wenn das Internet merkt, dass man sich für so was interessiert, kriegt man Werbung für Stoff der dann 300 bis 500 kostet.

Wonach schmecken die nun?

Nach vielem. Aber von den ganzen Aromen, die im Internet und auf den Flaschenkartons stehen, haben wir bisher noch keines identifiziert. Beim ubiquitären Heidekraut wüssten wir gar nicht, wie das aussieht, geschweige denn riecht oder schmeckt. Die oft genannten Honig und Früchte waren in Spirituosen selten wirklich zu identifizieren. Das scheinen abber alles auch Fachbegriffe aus der Welt der Sommeliers zu sein. Ohne Vorbildung finden wir, ein Erlebnis von Landschaften beschreibt den Sinneseindruck eher. Vielleicht ein Gerstenkorn aus dem rauhen Norden, dass von einer Reise in Frankreichs schönste Weinberge träumt. Und zwar auf einer braunen Heidelandschaft, die ja anders riecht als saftig grüne Wiese, während gleichzeitig rauher Seewind grandiose Lichteffekte verursacht. Oder halt kübelweise Regen ins Gesicht pladdern lässt. Ein Land rauhbeiniger Seemänner eben, die nicht nur den dreiteiligen Anzug erfunden haben, sondern dazu den schweren, ledernen Clubsessel und darauf und darin den wortgewandten Anlagebetrüger.

John Powers Whiskey Glas

Weltflucht ins Paradies – Buchbesprechung „Der Strand“ von Alexander Garland

Wir lasen jüngst “Der Strand” von Alexander Garland. Der Roman wurde ziemlich bald nach Erscheinen auch verfilmt, ziemlich prominent sogar, mit Leonardo DiCaprio. Der Film ist aber völlig an uns vorbeigegangen, deshalb sei hier ausschließlich von dem Buch die Rede. Das ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch noch interessant. Garland beantwortet darin ziemlich präzise folgende Fragen: Was wäre, wenn man mit netten Menschen auf einer einsamen Insel lebt? Und was könnte dabei schief gehen? Am geheimen Strand wird der Backpacker-Traum vom einfachen Leben in den Tropen durchexerziert. Nicht zum ersten mal in der Literaturgeschichte und vielleicht auch nicht die beste Version in den Fußstapfen von Defoe, Golding und Conrad. Als Abenteuer aus einem Land vor der Zeit der Smartphones aber recht flott und direkt geschrieben und sauber konstruiert. Die Übersetzung ist in Ordnung, der deutsche Text ist jetzt keine klingende Poesie, aber die Sprache ist authentisch, wie ein Mittzwanziger mit nachträglich erwachendem Verantwortungsgefühl eben so über seine wilde Jugendzeit denken könnte. Und in diesem Erzählduktus schreitet die Geschichte beständig voran. Es war nicht so spannend, dass wir es in einem Zug verschlungen hätten. Aber lebendig genug, dass auch nach ein paar Tagen Lesepause der Wiedereinstieg leicht fiel. Mehr braucht man nicht zu verlangen, dabei durchaus bemerkenswert: Obwohl über weite Strecken nicht wirklich viel passiert, behält die ganze Geschichte trotzdem die flirrende Spannung eines richtigen Thrillers.

Und dabei ist noch eine schöne Charakterisierung des Menschentyps “Backpacker” gelungen. Ein sehr selbstkritischer Ich-Erzähler berichtet aus seiner Erinnerung von jugendlich-sorgloser Weltenbummelei ohne jede Rücksicht auf irgendwelche Konsequenzen. Er findet nämlich andere Weltenbummler, die ihr Paradies gefunden haben und da für immer bleiben wollen. Das macht den Strand zur Pflichtlektüre, gar nicht mal primär für Drogenpolitiker, sondern für jede Art von Weltflüchtlingen. Dargestellt ist die märchenhafte Kulisse für alle, die vom permanenten Ausstieg träumen.

Garlands Neohippies sind dem Paradies schon ziemlich nahe gekommen. Sie leben den Aussteiger-Traum ohne theoretischen Unterbau. Die Darstellung wirkt ziemlich realistisch, auf der Tropeninsel ohne Regierung entfaltet sich ein erstrebenswert beschauliches, auf angenehme Art eintöniges und dabei aber durchaus arbeitsreiches Leben.

Im Buch gibt es aber natürlich auch das ernüchternde Erwachen mit einer präzisen Analyse, warum es mit dem Paradies nicht klappt und auch gar nicht klappen kann. Mit dem Paradies ist es bekanntlich so ähnlich wie mit dem Himmel: Wer einmal drin, ist kommt nicht wieder um davon zu erzählen und wer wieder kommt, war nicht wirklich drin.

Der gemeinschaftliche Ausstieg geht also schief, trotz viel guten Willens. Das Inselexperiment scheitert ein wenig an menschlichem Dünkel und an mangelnden Ressourcen. Vor allem aber an fehlenden Regeln und Strukturen. Ein gesundheitlicher Notfall tritt ein, die Gruppe – von Gemeinschaft kann man da eben genau nicht sprechen – kann aber nicht reagieren. Medizinische Versorgung ist nicht erreichbar, auch weil niemand die Außenwelt kontaktieren will. Es gibt keinen Notfallplan, weil alle genau vor solchen gesellschaftlichen Verbindlichkeiten geflohen sind und es niemals offiziell besprochen haben.

Die Strandgesellschaft kennt keine Verfassung und keine Notfallpläne. Da es keine Gemeinschaft ist, kann sich auch keine einheitlich Stimme und damit auch kein offizielles Denk- und Planungsvermögen entwickeln. Es gibt nur in dunklen Ecken mündlich geflüsterte Geheimdiplomatie. Die einzelnen Bewohner sind Atome, die mit ihren Ängsten allein bleiben. Ungewollt und unausgesprochen, gibt es dabei trotzdem Hierarchien. Es gibt ein informelles Häuptlings-Ehepaar, die Bewohner zerfallen in Kasten aus Gründungsmitgliedern, Handverlesenen und später Dazugekommenen. Hinter den beiden Häuptlingen wiederum bilden sich Parteien.

Die Nachteile der Zivilisation kamen also mit auf die Insel, die Vorteile, nämlich klar verfasste Regeln, verwoben zu einem stabilen, sozialen Netz, dagegen nicht.

Der Strand ist dabei auch das Urbild einer Protogesellschaft am Scheidepunkt. Hätte es keine romanhafte Katastrophe gegeben, hätten sich die Insulaner bald eine Verfassung geben müssen. Die Ausgangslage ließe verschiedene Modelle denkbar erscheinen. Von der geschlossene Sekte über die halboffene Kommune mit geregelter Außen- und Zuwanderungspolitik bis hin zu einem kommerziellen Hotel-Ressort. Letztere, von echten Dropouts gehasste Entwicklung aber käme der Realität am nächsten.

Rindvieh

Auch in Tropenparadiesen ist, wie eigentlich überall, ständig mit Rindviehchern zu rechnen

Die Realität in den Tropen

Der Strand von Garland liegt in Thailand. Dort eine einsame Insel zu finden, ist nun relativ unwahrscheinlich. Auch im Buch kommt der Strand absolut unerwartet, nennen die Protagonisten doch Thailand das Land der ausgelatschten Pfade. Thailand ist ein Agrarland, mithin also ein einziges Dorf. Und in einem Dorf breiten sich Gerüchte bekanntlich schneller aus, als jede moderne Telekommunikation. Da bleibt nichts unbeobachtet und jeder Quadratzentimeter des scheinbar unberührten Dschungels ist von den Nutzern und Rechteinhabern eifersüchtig bewacht.

Sich verstecken ist dort unmöglich. In den 1980ern konnte man freilich recht bequem aussteigen und manche dieser Aussteiger sind noch immer da. Diese Menschen sind heutzutage Hotelwirte oder Privatiers. Die echten Inselkommunarden in Thailand sind heute Häuptlinge über 10 oder 20 Strohhütten voll temporärer Indianer. Die besseren Kommunarden und Spätaussteiger leben in schicken Bungalows als unumschränkte Herrscher ohne Volk. Und sie hassen einander leidenschaftlich, während der Saison lästern sie mit den Gästen über die Nachbarn, in der Nebensaison lästern sie mit Nachbarn über die Gäste oder gehen einander leidenschaftlich aus dem Weg.

Die Häuptlinge sind überraschend oft Frauen, genau wie im Roman. Liegt das vielleicht an weiblicher Zähigkeit, zu bleiben und nicht bei Schwierigkeiten den Rucksack zu packen und weiterzugehen? Oder doch eher an einer Besonderheit thailändischen Rechts. Ausländer dürfen dort kein Land erwerben. Weiße Männer gelten traditionell als Geldbringer und Betrugsopfer. Ein thailändischer Macho mit einer weißen Frau dagegen kann nicht weglaufen sondern muss sich um das Anwesen kümmern.

In Thailand geht das nicht

Garland hat sehr treffend dargestellt: Aussteigen geht nur auf den Ruinen der Kolonialreiche. Der Ausstieg klappt freilich nur mit Devisen in einer schwachen Wirtschaft eines Entwicklungslandes. Sich ohne Erwerbsarbeit der Selbstfindug widmen geht nur in einer wirtschaftlich und kulturell zerstörten Gesellschaft. Südostasien – und auch das formal unabhängige Thailand – gehören nunmal England und Frankreich und den beerbenden USA. Wir Deutschen werden da immer nur Gäste sein und können die Gegend niemals so ausnutzen und verwohnen, wie Menschen, die sie als ihr natürliches Eigentum betrachten.

Aber der Ausstieg kann klappen

Und wir Deutschen haben die perfekten Vorraussetzungen dafür direkt vor der Haustür. Auf einen Platz an der Sonne gibt es keinen Rechtsanspruch. Unser natürlicher Platz für Ausbeutung und Unterdrückung läuft bekanntlich entlang des nebeligen Ostseestrandes. Dank globaler Flurbereinigung liegt unser Kolonisierungsraum mittlerweile übersichtlich geordnet zwischen Elbe und Oder. Engländern steht ein zur dritten Welt zerrüttetes Empire zur Verfügung. Als Deutsche können wir uns auf einer starken Volkswirtschaft ausruhen. Wir machen das hier in Berlin seit den sechziger Jahren und die fleißige Deutsche Volkswirtschaft ernährt uns – warum, das wissen wir nicht. Vielleicht weil es ihr Spaß macht, oder weil sie meint sie müsste das – Pflichterfüllung scheint diesen Leuten eine innere Befriedigung zu verschaffen. Und mittlerweile auch, weil sie glauben, sie bräuchten eine repräsentative Hauptstadt, geben deutsche Steuerzahler immer wieder Geld für Renovierung, während wir das versaufen und verwohnen. Man muss ein reiches Land um sich haben und es müssen genügend Schnorrer zusammen sein. Dann können wir das Hungertuch in die Soßentöpfe tunken und beim Nuckeln genug Sog entwickeln, dass der Strom aus Steuergeldern nie aufhört. Dieser Passus steht irgendwo in der Verfassung der Aussteigerkommune Groß-Berlin.

Doug

Backpacker auf einer Palliativstation in Bangkok

Weltflucht ins Paradies – Bekifft im Freizeitbad Tropical Islands

Von Berlin zum Tropical Islands dauert es eine gute Stunde mit dem Auto. Auch der Fahrer kann also bei Fahrtantritt unbesorgt einen wohl portionierten Haschkeks* verspeisen. Der fängt dann genau rechtzeitig an zu wirken, wenn man auf dem Parkplatz ankommt. Denn an einem Samstag Morgen im Herbst muss man erst mal eine gute halbe Stunde draußen warten, bis man in die ehemalige Zeppelinhalle eingelassen wird. Jedenfalls als Tagesgast, wer Übernachtung gebucht hat, kann durch einen eigenen Eingang. Aber in der Warteschlange ist das Brandenburger Spätherbstwetter mit Haschkeks* im Blut deutlich angenehmer als ohne. Der wirkt zwar gute 6 Stunden und länger. Aber trotzdem haben wir zur Sicherheit nach Ankunft erst mal eine Runde Cocktails geholt. Denn echte Urlaubsstimmung ist es bekanntlich erst dann, wenn man vor dem Mittagläuten schon Alkohol im System hat. Ausserdem waren wir die ersten 45 Minuten in der Halle damit beschäftigt, eine freie Liege zu finden. Es gehört nämlich auch im Tropical Islands zum guten Ton, die Liegen durch ein Handtuch zu reservieren. Auch um 10 Uhr Morgens sind gefühlte 99,9 % besetzt. das Strandurlaubsgefühl ist in dieser Hinsicht also absolut authentisch. Vom Autoabschließen bis zum zurücklehnen auf der Liege können also gut 1,5 Stunden vergehen. Damit sollte man rechnen.

Tropical Islands was ist das nun?

Ein kleines Spaßbad mit großzügig drum herum drapiertem Freizeitpark? Oder eher ein großer Indoor-Freizeitpark in einer Halle mit Spaßbad und Rutschen als Teil des Angebots? Das althergebrachte Schubladendenken funktioniert hier nicht. Tropical Islands ist, was es ist.

Schwimmen geht hier nicht. Es gibt also kein tiefes Becken mit Bahnen, wo man Sport treiben kann. Die sogenannte Lagune, der große Pool an der veglasten Südwand, ist kaum tiefer als 1,30. Das Aussenbecken ist auch nicht tiefer. Da gibt es aber lustige Strömungen, als großer Fluss oder als kleiner, karusselartiger Wasserkreisel. Die machen auch den kleinen Nichtschwimmern viel Spaß. Die Rutschen sehen auch interessant aus, die haben wir aber nicht ausprobiert, da unsere Fünfjährigen sich dafür noch nicht interessieren.

Zuviel für einen Tag

Tatsächlich haben wir an einem Tag gefühlt nur die Hälfte der Angebote überhaupt ansehen können. Insgesamt bestand der Tag, wie so oft bei jungen Familien, aus schichtweise abwechselnder Kinderaufsicht an Pool oder Kletterparks, gefolgt vom wohligen Nichtstun auf der Liege. Hinter der großen Panoramascheibe mit Ausblick auf trübe Nadelwälder unter milchiger Sonne kann man sich fühlen wie eine Pflanze im Gewächshaus, bei angenehmer Raumtemperatur. In der Halle herrscht T-Shirt-Wetter ohne die aufdringliche Luftfeuchtigkeit der echten Tropen.

Dabei kann man sich ganz im frei zur Verfügung stehenden WLAN versenken, bei Tageslicht auch ein Buch lesen – nachts wird es überall weitgehend dunkel, die spärliche Straßenbeleuchtung eines richtigen tropischen Badeortes ist perfekt simuliert. Eine weitere bekiffte Strandbad-Beschäftigung in der Liege ist natürlich Leutegucken.

Die nivelliert-tättowierte Freizeitgesellschaft

Das ist immer ein Erlebnis zwischen Attraktion und Kulturschock, vor allem für westdeutsche Gymnasiasten, weitgehend isoliert und ohne Kontakt zu anderen Schichten aufgewachsen. Zwar leben wir schon lange genug in Berlin um unter den Zugewanderten als alteingesessen zu gelten. Aber das Erscheinungsbild der Berlin-Brandenburger, zumal bei massenhaftem Freizeitgenuss, ist immer noch leicht irritierend. Die Menschen hier sehen entweder aus wie Skinheads aus der Tagesschau der 90er, nur mit mehr Mustern und Metall im Gesicht. Oder wie Neuköllner Klankriminelle aus dem Bildungsfernsehen der 2010er, inzwischen auch vollintegriert gemustert und gepierced.

Nach dem ersten Kulturschock stellt man aber recht schnell fest, auch wenn die Leute aussehen wie Bilderbuch-Proleten einer Reality-Casting-Agentur, sie sind allesamt angenehm und freundlich. Ausserdem ist es grade im bekifften Zustand schön, Menschen anzusehen, denen ihr Aussehen wichtig ist. Wer das ganz genau wissen will, kann im großzügigen Saunabareich entspannt genießen. Aber viele Körper sehen tatsächlich ästhetischer aus, wenn gut sitzende Badebekleidung wichtige Partien in Form hält.

Selbstmitgebracht schmeckt am besten

Zudem verhalten sich die Gäste bei den Liegen alle sehr friedlich und leise. Jeder trinkt und isst schließlich mehr oder weniger heimlich selbst Mitgebrachtes und möchte dabei nicht gestört werden. Das Personal fängt keinen Streit an, solange man selber nicht damit anfängt, tut das auch sonst niemand. Denn alle hier, Gäste und Personal, wissen, Essen und Trinken sind nicht wirklich gut. Die Imbisse und Restaurants sind jetzt nicht überteuert, aber für die weniger als mittelmäßige Qualität noch zu teuer. Pommes sind matschig, Pizza schmeckt eher wie besonders trockene Exemplare aus dem heimischen Backofen. Die vier verschiedenen Cocktails, die wir probierten, waren alle recht ähnlich belanglos. Das ist aber jetzt kein Minuspunkt, denn Lebensmittel und Lieblingsdrogen können mitgebracht und mittelmäßig diskret verzehrt werden. Gut, das Haschisch sollte man ins Essen mischen, denn Rauchen in einer geschlossenen Halle ist echt asozial. Die gehobene Gastronomie haben wir nicht ausprobiert, bei einem Ausflug mit Kleinkindern macht das keinem der Beteiligten Spaß.

Im Tropical Islands kann man also wirklich echtes, friedliches Miteinander von im gemeinsamen Körperkult vereinigten Proletariern aller Länder erleben. Drinnen herrscht der Sozialismus als realexistierendes Tropenparadies mit Gleichheit und Freiheit von Winterkleidung und alles ohne Geld. Die Illusion wird aufrechterhalten, bis am Ausgang der Chip ausgelesen und das Verkonsumierte dann doch bezahlt werden muss.

Die Tochter fragt manchmal, ob wir demnächst mal im Tropical Island übernachten können. Tatsächlich wird ein Großteil der Fläche von Appartments oder weißen Zelten eingenommen. Wir möchten nun ehrlicherweise nicht so bald wieder hin. Aber wenn sie in dem Alter ist, wo sie Alkohol und knackiges Fleisch in Badeklamotten zu schätzen weiß, werden wir ihr bestimmt einen Ausflug spendieren und selber zu Hause dann das Teenagerfreie Wochenende genießen.

Rindvieh

Nicht alles, was wie ein Rindvieh aussieht, ist auch eins und der Esel ist immer der, der fragt-

*Natürlich wurde für den Erlebnisbad-Test kein echter Haschkeks verzehrt. Das Haschisch wurde für den Verzehr in Kokosfett gelöst und dann nicht verbacken sondern in Kapseln abgefüllt, so wie hier beschrieben. Das war dem Anlass absolut angemessen, denn die Zeppelinhalle, die das Tropical Islands beherbergt, sieht von außen aus, wie eine riesige Medikamentenkapsel, die ausversehen in den Brandenburger Kiefernwald gefallen und dort zur Hälfte im Boden versunken ist.

Fette Ente an Moonshine Whiskey – Buchbesprechung „Fup“ von Jim Dodge

Neulich kam Fup in unsere Redaktionsräume. Fup ist eine Ente und Hauptperson in dem gleichnamigen Buch von Jim Dodge. Fup ist ein heiteres Märchen, das wir mit Vergnügen in zwei oder drei Tagen genossen haben. Fup ist keine große Literatur, es ist ja auch nur ein ganz kleines Buch mit wenig mehr als 100 Seiten, die auch noch von etlichen Zeichnungen, zur besseren Veranschaulichung der Handlung, aufgelockert sind. Aber in ihrer Kleinheit ist Fup eine Perle. In der englischsprachigen Welt ist die 1983 erschienene Geschichte wohl schon eine Art Klassiker. Für deutsche Leser gilt als Qualitätsbeweis, dass Fup von Harry Rowohlt eigenhändig übersetzt wurde. Wir kennen weder Herrn Rowohlt noch Herrn Dodge persönlich. Uns hat einfach die Geschichte gefallen.

Sie ist rau, stellenweise zu häßlich, um sie Kindern vorzulesen, ohne sich als Erwachsener für das Erwachsensein schämen zu müssen. Für Erwachsene wiederum ist Fup oft zu profan.

Die Ente Fup Duck lebt mit dem alten Grandpa Jake und seinem Enkel Tiny zusammen auf einer Farm irgendwo im nördlichen Kalifornien ein relativ einsames und beschauliches Leben. Eigentlich sind sie alle ziemlich Fup duck. Tiny ist verwaist, seine Mutter starb bei einem tragischen Unfall am Ententeich, Tiny wurde als Kleinkind Zeuge des Unglücks. Er wird seit dem von Großvater Jake aufgezogen. Der wiederum scheint für die Kinderaufzucht erstmal nicht besonders gut geeignet zu sein. Er ist bärbeißig, schlecht beleumundet und in unanständig hohem Greisenalter. Der rüstige Mittachtziger verdient sein Geld mit Selbstgebranntem und privaten Pokerrunden, als Hobby sucht er gern Streit.

Wenn die Rolle der fehlenden Mutter ersatzweise von einer Ente ausgefüllt wird, darf der Großvater eben auch eine Schnapsdestille im Schuppen verstecken. Der alte Jake ist angekommen. Er hat immerhin das ultimative Schnapsrezept und mit der Herstellung des perfekten Lebenswassers Aufgabe, Bestimmung, Sinn und Ziel. Frauen haben da keinen Platz mehr, Jakes Geist ist mit Glücksspiel und Schwarzbrennen in Beschlag genommen.

Das Waisenkind gerät dann natürlich etwas merkwürdig. Die Umgebung ist nicht wirklich gesund für ein Kind und der Enkel wächst selbstverständlich zu einem äußerst kauzigen Berg von einem zwei Meter großen Kindmann heran. Seine Tage auf der Farm füllt er aus, in dem er mit äußerstem Ehrgeiz Barrikaden gegen die Aussenwelt errichtet. Aber zumindest hat der Junge einen herzensguten Charakter.

Viel mehr passiert nicht

Trotzdem gibt es genügend Merkwürdigkeiten zu erzählen.

Natürlich saufen sie alle drei permanent ihren Fusel, sonst wäre ihre Existenz ja auch kaum auszuhalten. Grandpa Jake verdrückt täglich mindestens einen halben Liter, er beginnt damit schon nachmittags, unmittelbar nach dem Aufstehen. Er trinkt, um seine Träume in Fahrt zu bringen. Er träumt gern und schläft stets bis Mittags. Tiny trinkt immer nur einen Schluck vor dem Schlafengehen, um die Träume fernzuhalten. Tiny träumt nicht so gern und steht gern früh auf. Die Ente ist in ihrem Konsummuster irgendwo zwischen Grandpa und Tiny einzuordnen. Sie neigt aber eher Richtung Grandpa. Die Ente scheint also ebenfalls eine Träumerin zu sein, obwohl sie, wegen ihrer Verfressenheit, auch früh aufsteht. Sorgen um irgendwas brauchen sie sich nicht zu machen, denn der Schnaps macht sie unsterblich. Ente und Großvater haben Glück und Sinn gefunden. Tiny jagd seinem noch hinterher, er wird es aber finden.

Hier wird also das Märchen vom herzensguten Haderlump erzählt, der versoffene Spieler, der gleichzeitig der richtige Ziehvater für ein bedürftiges Waisenkind ist. Es scheint ein beliebtes Märchenmotiv aus dem amerikanischen Legendenschatz zu sein. Die kalifornische Landschaft bietet dafür ja auch die passende Kulisse, eine Märchenwelt, in der ein Spieler mit Chuzpe sich eine Farm als Lebensgrundlage gewinnen und unterhalten kann. Das Motiv ist uns übrigens leidlich bekannt aus Film und Fernsehen, in vertrackten Situationen gestrandete Menschen, die irgendwie miteinander ihr Glück finden. Die zweieinhalb Männer des Charly Sheen fallen da spontan ein – einem Ashton Kutcher nimmt man den Trunkenbold nicht ab. Sehr anrührend dagegen hat in jüngerer Zeit Bill Murray als heiliger Vincent das Thema sogar auf die Kinoleinwand gebracht.

Der wirklich wahre Experte für verlorene Seelen am Pazifikstrand ist natürlich der große Steinbeck. Steinbeck nun ist gewaltig, echt episch, deshalb auch anstrengend und oft sehr traurig. Die Kinder werden zu früh erwachsen und vor allem Steinbecks Frauenbild ist noch sehr konservativ. Da wüten östlich von Eden männerfressende, scheinbar direkt der Hölle entsprungene Prostituierte. Arme, alte Mütter wiederum versterben auf kräftezehrender Wirtschaftsflucht und müssen ohne Grabstein verscharrt werden in fremder Erde, aus welcher dann zwangsläufig nur Früchte des Zorns wachsen können. Steinbecks Frauen kosten Nerven.

Das tut Fup in keiner Weise. Eine fette, zickige und autoritäre Ente ist nun mal viel beschaulicher und harmloser. Als einzige weibliche Hauptrolle in dem kleinen Märchen funktionert sie. Völlig anders als erwartet, aber erstaunlich gut funktioniert sie. Wer eine Rezension lesen will, die aus den wichtigsten Textstellen besteht, kann sich hier beim Deutschlandfunk davon überzeugen.

Jim Dodge hat mit Fup eine ehrliche Komödie über eine tieftraurige Situation geschrieben. Denn wenn eine Katastrophe erst einmal Alltag geworden ist, kann man darüber lachen. Und an seinem persönlichen Rezept für das Glück feilen. Eine Farm im Nirgendwo und eine Destille sind ein guter Anfang. Viel mehr braucht man auf der Welt nicht zum Glücklichsein.

Enten kämpfen

Banger Testen, damit das Haschöl-Kiffen noch mehr Spaß macht

Den ganzen Sommer lang ist hier nichts mehr neues erschienen. Man hätte sich fragen können, ist das Blog tot oder schläft es nur? Im Falle der drogenpolitik ist die Antwort natürlich eindeutig: Es war bekifft. Wir haben endlich wieder täglich Cannabis konsumiert. Und konnten dabei auch neue Themen sammeln. Wir haben nämlich fleißig Banger getestet. Was? Genau, bang, bang, Maxwell’s… Ein Banger ist ein Glasbecher, der tatsächlich aussieht, wie ein kleiner, silber glänzender Hammer. Und der trifft die relevantesten Zentren im Gehirn mit betäubender Genauigkeit. Dieser Glasbecher ist dazu da, um Konzentrate, Also das Harz unserer berauschenden Lieblingspflanzen zwecks Inhalation zu verdampfen. Ob die Beatles auch schon Haschöl hatten?

Es wird also heute wieder technisch. Und wirklich neu ist das Thema auch nicht, wir haben die selbe Geschichte schon an anderer Stelle erzählt, aber schämen uns dessen nicht. Alles menschliche Streben ist ja letztlich immer nur Wiederholung und Variante der Wiederholung. Im Klartext heißt das:

Der heutige Artikel interessiert eigentlich nur Leute, die Haschöl dabben oder damit anfangen wollen.

Für alle interessierten, die aber die alten Artikel nicht noch mal lesen wollen, sei hier noch einmal kurz erklärt: Eine moderne Haschölpfeife sieht aus wie eine kleine Blubber, aber sie hat keinen Kopf, sondern einen sogenannten Nail, eine Fläche, auf der das Haschöl verdampfen soll. Der Nail wird in der Regel mit einem Gasbrenner, der Torch, erhitzt. Dann lässt man ihn wieder so weit herunterkühlen, dass das wirkstoffreiche Hanfpflanzenkonzentrat angenehm aromatisch verdampft, ohne dabei zu verbrennen. Nails werden aus verschiedenen Materialien und in verschiedenen Formen gebaut. Banger heißen becherförmige Nails aus Glas, die man beim Dampfen mit einer sogenannten Carb Cap zudeckt.

Nix ist für die Ewigkeit

Weil ein Nail, egal aus welchem Material, für jede neue Konsumeinheit erhitzt werden muss, geht er irgendwann kaputt. Mit jedem Einsatz nimmt seine Fähigkeit ab, Hitze zu speichern und möglichst gleichmäßig abzugeben. Und irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht und es muss ein neuer Banger her. Die kosten 20 bis 40 Euro und halten, mit bekifftem Verstand grob geschätzt, 100 bis 300 Anwendungen. Das ist nun um einiges teurer als Jointpapier oder ein neues Siebchen für den Kopf. Aber es gibt so viele verschiedene Varianten, die alle unterschiedliche, neue Geschmackswelten versprechen, dass Sammlern und Journalisten der Stoff nie ausgeht.

Die ersten paar Gerätschaften hatte ich schon anderer Stelle hier vorgestellt. Inzwischen sind einige neue dazu gekommen und auch wieder den Weg alles Zeitlichen gegangen.

Ein wichtiger, bisher noch nicht dokumentierter Schritt in der Drogenkarriere der haschölkiffenden Redaktion war die Anschaffung einer ordentlichen Pfeife, auf Dabben heißt das jetzt also eine Rig mit Banger. Die Wahl fiel auf die winzige Claude von der Firma MJ Arsenal.

Claude MJ Arsenal Mini Rig

Der Claude, ist, wie alle Mini-Rigs von MJ Arsenal wenig höher als 10 Zentimeter, haut aber rein wie ein großer. Es handelt sich um einen sogenannten „Recycler“, die Kühlung erfolgt nicht nur unten im Wassereservoir. Das Wasser wird durch mehrere Röhren in den trichterförmigen, oberen Tank gesogen und bildet dort einen Wirbel feinster Tröpfchen. Hübsch anzusehen und mild und aromatisch im Geschmack. Der mitgelieferter Banger tut solide, was er soll.

Mikro-Bong

Diese Wasserpfeife ist wirklich sehr, sehr klein. Hätte ich sie im Laden gesehen, hätte ich sie wahrscheinlich nicht gekauft, denn für einen Bongraucher wirkt die Winzigkeit etwas unseriös. Für Dabber und Haschölkiffer aber gibt es fast keine Läden. Nur das Internet ist unser Headshop und auf den Bildern sehen die Arsenal-Produkte schon ziemlich beeindruckend aus. Das ist die Bong 2.0, absolut Instagram-tauglich. Und sie sind wirklich gut, die Größe ist völlig richtig bemessen.

Eine Bong zumRauchen braucht großes Volumen für effiziente Kühlung und geringen Ziehwiderstand, damit man schnell viel Wirkstoff über die Lunge ziehen kann. Ölpfeifen aber müssen klein sein und hohen Ziehwiderstand haben. Der Dampf darf nicht zu stark abkühlen, damit der konzentrierte Wirkstoff auch wirklich in der Lunge landet und nicht im Glas kondensiert. Enge, kleine Luftkanäle sorgen für Unterdruck, der ist bei dem Prozess aus diversen Gründen auch förderlich. Die Arsenal-Pfeife muss nun nicht die beste sein. Aber mit 50 Euro inklusive Banger ist sie auch relativ günstig, Ölpfeifen ohne Nail fangen sonst eher ab 80 Euro an und können dann schnell teurer werden.

Der mitgelieferte Banger ist in Ordnung. Er entfaltet keine Geschmackssensation, ist eher etwas kratzig. Das können andere Produkte besser. Der schlanke, hohe Becher war wie ein zuverlässiges, kleines Moped, das immer gerne angeworfen wurde für den kleinen Hit zwischendurch.

Kreislauf

Terp Cycler

Beim Terp Cycler ist der Name Programm: Nichtverdampftes Harz rutscht durch ein Loch im Boden und wird durch die Schlaufe zurück in den Banger geschleudert. Die Cap läuft spitz wie eine Nadel zu, mit ihr kann der Dab mitten im gerippten Heizelement, einem losen Einsatz, platziert werden. Zur Reinigung reicht es, einen Schluck Isopropanol für ein paar Minuten in den warmen Banger zu geben, das Reinigungsmittel kann aufgefangen und wiederverwertet werden.

Dann kam der Diamont Loop Terp Cycler, eine ausladende Konstruktion, wie ein alchemistischer Destillierkolben, aus filigranem Glas. Dieses Gebilde kann einem schon Angst machen. Es funktioniert, genau wie es soll. Und das ist das Problem. Der Geschmack ist unglaublich gut. Das Gerät ist extrem einfach zu bedienen, die Spitze der mitgelieferten Cap kann man als Dabber benutzen, Harz drankleben, aufsetzen und der Dab verschwindet in dem Walzenförmigen Heizelement. Wie viel man dabei konsumiert, ist völlig egal. Kleine Portionen schmecken, aber die größeren schmecken immer besser. Erst bei einem fetten Popel, groß wie anderthalb Reiskörner und mehr, kommt er richtig auf Touren. Beim Schmelzen schlotzt das Harz dann sichtbar durch das Röhrchen und wird wieder gegen das gerippte Heiz-Inlay geschleudert. Ein Fest für alle Sinne. Dann kommt auf einmal die Ernüchterung: Was, schon kaputt? Das waren doch nur ein paar Tage. Nein, ein Blick auf den Lieferschein bestätigt: es waren gute drei Wochen. Und in der Zeit wurde – konservativ geschätzt – wahrscheinlich viermal soviel gedampft wie vorher. Also war der Terp Cycler von der Haltbarkeit genauso gut, wie alle anderen, das ist schon in Ordnung. Würden wir ihn nochmal kaufen? Mhh, das Becherchen ist gefährlich und teuer. Außerdem ein wenig zu groß für unsere kleine Minipfeife, die kippt gern um damit. Erst mal nicht wieder. Vielleicht, wenn wir zu Erntedank-Feierlichkeiten eingeladen weden und ein passendes Mitbringsel suchen. Einmal im Leben sollte man den Terp Cycler aber ausprobieren.

Dick und gemütlich

Jetzt sitzt auf der Arsenal Mini-Rig ein einfacher Banger, aber aus 4 Millimeter dickem Glas. Der Passt von den Größenverhältnissen her vorzüglich zur Pfeife. Und arbeitet zuverlässig und sicher, vom Charakter her ein gemütlicher Bär. Der Geschmack ist dicht und komplex, auch sehr weich, aber vielleicht nicht ganz so luftig-frisch, wie beim Terp Cycler. Große Portionen verarbeitet der dickwandige Banger anstandslos. Das dicke Glas vermittelt einen soliden Eindruck und das Auge kifft schließlich mit. Bei ganz großen Portionen stößt der Banger allerdings an seine Grenzen. Es bleibt eine Pfütze Wachs zurück und es können Tropfen ins Verbindungsröhrchen gesaugt werden. Für die ganz dicken Hits sind Sondermodelle wie Terp Cycler oder Thermal Banger eindeutig die bessere Wahl. Wenn man eine Empfehlung aussprechen wollte: Ein 4-Millimeter-Banger für den Alltag und dabei ein Sondermodell wie den Terp Cycler für die besondere Wochenend-Session in der Schublade.

Claude mit 4-mm-Banger

Dieser einfache Banger mit 4 mm starken Wänden vermittelt Sicherheit und Solidität, das Gerät wirkt, als sei es aus Panzerglas, hier sind unsere Drogen wirklich sicher aufgehoben.

Edinburgh, die Whisky-Hauptstadt

Schottland ist für den Besucher erstmal in erster Linie Scotch. Natürlich darf man Schottland, die Menschen und ihre Kultur nicht einfach auf den Alkohol reduzieren. Viele andere Drogen sind dort ebenfalls beliebt. Auch ist der Alkohol selten allein, sondern meist in Verbindung mit dem Essen zu sehen. Wobei natürlich Alkohol wichtiger ist, denn nicht zu jedem Schnaps ist immer auch eine Mahlzeit nötig, wohl aber zu jeder Mahlzeit mindestens ein Schnaps. Denn echtes schottisches Essen ist ohne Alkohol tunlichst zu vermeiden und eigentlich eine physiologische Unmöglichkeit. Über das Essen aber wird in unserem familienfreundlichen Reiseblog geschrieben, hier sei nur vom harten Stoff die Rede, dem Scotch als Malt Whisky in seiner veredelten Form.

Schottland ist immerhin das einzige Land dieser Erde, das nach einer Spirituose benannt wurde. Das nördliche Ende der großen britischen Insel bekam seinen Namen, als König David I im 12. Jahrhundert in einem Sumpf sturzbetrunken vom Pferd fiel. Der eitle König verklärte sein Mißgeschick sogleich als wunderbehafteten Zusammenstoß mit einem gottgesandten Hirsch. Der mißgünstige Hofstaat jedoch kolportierte die ungeschönte Wahrheit und im Volk hieß die Gegend, die bis dahin noch keinen eigenen Namen gehabt hatte, von nun an „Trostlose Einöde, wo der König sich unbeobachtet mit Scotch vollaufen lässt.“ Auch wenn das Gälische lange und umständliche Ortsnamen liebt, hatte sich bis zum Spätmittelalter die griffigere Bezeichnung „Scotchtrinkerland“ durchgesetzt.

Nach der Reformation kam es in Britannien bekanntlich zu blutigen und äußerst komplizierten Bürgerkriegen. Den Parteien war kein Anlaß zu billig, um einen Streit vom Zaun zu brechen. Vor allem die Presbyterianer störten sich an der Bezeichnung „Scotchtrinkerland“, die alle Bewohner pauschal diffamiert. Die Religionskriege tobten munter weiter, erst nach der Hinrichtung Maria Stuarts konnte von kirchlichen Würdenträgern der Nachweis geführt werden, dass die Menschen in Schottland keinswegs nur Scotch, sondern bei vielen Gelegenheiten auch Gin und oft sogar nur Bier trinken. Unter König James, im Deutschen als Jakob I bekannt, dem Sohn der unglücklichen Maria, wurde der Landesname schließlich in allen offiziellen Urkunden rückwirkend zu „Scotland“ verkürzt.

Die Verehrung berauschender Substanzen jedenfalls gehört fest zum Nationalcharakter der Schotten, denen damit das Kunststück gelang, fanatisch-ernsthaften Protestantismus mit dem allerfröhlichsten Rauschbedürfnis zu vereinen. Es lohnt sich für den Besucher, sich mit der Religionsgeschichte und den Nationalheiligen auseinanderzusetzen.

Juvenile Drunk Driving

Alle reformierten Kirchen Schottlands verehren Harry Potter als den Schutzheiligen jugendlicher Trunkenheitsfahrer. Schon in der Grundschule lernen Kinder die Standardausreden: Der Baum ist lebendig geworden und hat das Auto angegriffen! – Ron hat am Steuer gesessen, sie wissen schon, der Rothaarige! Die Firma Lego unterstützt das Bildungsziel mit pädagogischem Spielzeug.

Wie bei allen keltisch-spirituosenaffinen Völkern genießen auch in Schottland die Dichter und Schriftsteller einen besonderen Heiligenstatus. In den Pantheon aufgenommen und zu Schottin ehrenhalber ernannt wegen ihres Schaffens wurde die Engländerin J.K. Rowling. Mit dem Erfolg ihres Harry Potter verkörpert Rowling den Lebenstraum aller Briten, denn sie brachte es von der Sozialhilfeempfängerin zur vielfachen Millionärin allein durch Unsinnerzählen. Sie ist die Schutzheilige der größenwahnsinnigen Phantasten, führende Lügenbarone wie Elon Musk oder Donald Trump sollen morgens vor einem Portrait der Ausnahmeautorin meditieren, so stärken sie den Glauben an ihre eigenen Hirngespinste.
Rowling selbst brauchte indes nicht viel Phantasie, weil sie ihren Zauberlehrling in Edinburgh schrieb. Die Innenstadt ist beeindruckend und wirkt mit der Masse massiger, historischer Gebäude eher wie eine Filmkulisse, als ein Ort zum Leben. Die Bewohner Edinburghs wiederum sind tagsüber alle leicht verkatert. Viele wirken etwas fahrig, wie unwirkliche Schatten ihrer selbst, als ob ihre wahre Existenz in einer durch Zauberei entrückten Parallelwelt stattfände. Als Fremder fühlt man sich ausgeschlossen, da hilft auch kein Bier. Erst wenn man am Abend den ersten Tropfen Single Malt kostet, erschließt sich die Magie der verwinkelten Gassen und Treppen. Wenn man dann genug davon trinkt, kann man auch eine Kollision mit einer soliden Ziegelmauer als Entdeckung einer Geheimtür in bisher ungeahnte Dimensionen empfinden.
Um der Realitätsverschiebung die Schärfe zu nehmen, sei es gewöhnlichen Sterblichen dringend Empfohlen, schon Mittags oder früher mit zunächst kleinen Portionen Malt Whisky zu beginnen und nur im äußersten Notfall bei brennender Kehle mit Bier zu löschen. Das hilft auch bei der organischen Gewöhnung an den Linksverkehr, welcher vor allem für nüchterne, kontinentaleuropäische Fußgänger nicht ungefährlich ist.

Nationaldichter Irvine Welsh

Mitten in der Stadt vor dem Hauptbahnhof steht ein gewaltiges, kirchturmartiges Monument, das eine Statue des Dichterfürsten Irvine Welsh beherbergt. Dieser schuf mit dem polytoxen „Trainspotting“ das schottische Nationalepos. Die Helden symbolisieren die unterschiedlichen Aspekte des täglichen Kampfes des Schotten gegen die Nüchternheit. Invalide Soldaten, Seefahrer und Arbeiter der Ölborinseln in der Nordsee richten ihre Dankgebete an den Heiligen Welsh, wenn mit ihrem Rentenbescheid auch das Opiatrezept eingetroffen ist.

Der schottischen Seele am allertrefflichsten auf den Grund geht jedoch das weniger bekannte Heldenlied „Angels‘ Share„. Hier wird gesungen von der Läuterung und Wandlung des mittellosen Straßenschlägers Robbie, der durch einen Bewährungshelfer in die hohe Kunst des Whisky-Tastings eingewiesen wird und so Zugang zu den höchsten gesellschaftlichen Kreisen erhält. Robbie nutzt sein Talent und kann so in die Königsklasse der Diamantendiebe aufsteigen. Sein Gesellenstück ist der Diebstahl von ein paar Flaschen des teuersten Whiskys der Welt, schließlich erlangt er die Weihen des bürgerlichen Lebens mit einer Festanstellung in einer Destillerie. Robbie ist der Schutzheilige der Barkeeper und Kellnerinnen, die allesamt große Experten für hochwertige Spirituosen sind. Wer freundlich ist und den Lieblingswhisky des Hauses bestellt, wird jedes Mal positiv überrascht. Um sich die Namen der Getränke dann auch zu merken, braucht es allerdings schon etwas intensiveren Zauberunterricht.

Rugby

Der Ball ist eiförmig und die Mannschaft hat 32 Zähne – Hooliganismus ist in allen Teilen Britanniens ein beliebter Zeitvertreib zwischen den Trinkgelagen. Erste Nachweise von gelebter Fankultur sind schon aus der Jungsteinzeit erhalten.

Berliner Weinmesse 2019

Im Briefkasten lagen mal wieder Freikarten für die Weinmesse und diesmal hatten wir sogar Zeit, da auch hin zugehen. Bei so einem Event ist sorgfältige Vorbereitung geboten. Der disziplinierte Kiffer erscheint natürlich nüchtern zu einer Weinprobe, damit alle Sinne klar und scharf sind und man die wertvollen Produkte auch entsprechend würdigen kann. Gut, vielleicht darf man sich ein ganz kleines Körnchen Haschisch am Vormittag gönnen. Wenn der Weinprobenkumpan dann allerdings erst am späten Nachmittag erscheinen kann, muss unmittelbar vor der Bahnfahrt noch einer durchgezogen werden. Es ist schließlich total unverantwortlich, sich dem Berliner Nahverkehr völlig unbekifft auszusetzen. Und wenn man eh mal wieder seit ein paar Wochen täglich gekifft hat, wird einer mehr oder weniger die Geschmacksnerven jetzt auch nicht mehr großartig denormalisieren.

Bis auf kleine, hobbyfotografische Verzögerungen verlief der Hinweg schon einmal Reibungslos. Bei dem schönen Frühlingssamstag, den wir dank diverser globaler Umstände jetzt schon Mitte Februar genießen dürfen, fiel uns dann auf dem Hinweg das scharfe, nordische Licht auf, welches wiederum das Hauptgebäude des Messegeländes am Funkturm in seiner ganzen Gigantomanie schön kontrastreich in den Nachmittagshimmel zeichnete – die Kunstgeschichte kennt wohl einen Ausdruck für die Architektur des Faschismus, aber mir fällt er grad nicht ein. Eckig und groß halt – Neo-Klassizismus? Egal es lohnt sich nicht, das jetzt nachzulesen, könnt ihr ja selber googlen, wenn’s Euch interessiert. Hier soll ja eigentlich was von Wein geschrieben werden.

Ensemble der Flaschen

An diesem Stand probierten wir gar nichts, aber das hübsche Ensemble der Flaschen vermittelt einen schönen Eindruck der Veranstaltung.

Zu simpel für Fachsimpeleien

Und spätestens jetzt, nach dieser völlig unalkoholischen Einleitung merkt ihr, dass wir bei der drogenpolitik von Wein eigentlich mal so richtig gar keine Ahnung haben. Wir wollen uns nur gepflegt einen auf die Lampe gießen und bei Wein darf man sich dabei ja bekanntlich auch noch kultiviert fühlen.

Also rein ins Getümmel. Als erstes besorgt man sich am Eingang gegen Fünf Euro Pfand ein Glas, dann geht es auch schon los. Jetzt kann man damit einfach zu einem Stand gehen und sich ein Schlückchen einschenken lassen. Mitunter wird man allerdings vorher mit unangenehmen Fragen belästigt, die zum Inhalt haben, welchen Wein man denn nun probieren wolle. Was wiederum für anglophile Protestanten, die sich nicht so richtig mit Wein auskennen, schwierig sein kann. Aber solange man sich nicht schämt, nördlich des Mains aufgewachsen zu sein, kommt man da mit einem frechen „Weiß/Rot“ oder „überraschen Sie mich!“ ganz gut zu seiner Kostprobe. Passend zum Aufwärmen befand sich direkt hinter dem Glasverleih ein Stand mit Winzersekt. Die Frage „süß, trocken oder mittel“ konnten wir auch souverän beantworten. Trocken war dann leider etwas zu trocken, aber es ging ja hier nur um einen kleinen Weckruf für Kreislauf und Geschmacksnerven. Hätten wir uns besser ausgekannt, hätten wir schon hier Sachkenntnis beweisen können, in dem wir schnell den winzigen Rest des Probierschlückchens in das bereitgestellte Gefäß gegossen und nach dem nicht ganz so trockenen gefragt hätten. Aber wir zogen weiter und stellten unsere Unkenntnis beim nächsten Stand direkt wieder unter Beweis, in dem wir als erstes mit einem massiv schweren, spanischen Rotwein starteten. Danach schmeckten die meisten Weißweine dann eher wie aromatisiertes Wasser.

Der Philosoph vom Dreimäderlhaus

Dieser Philosoph überraschte nicht nur mit Leichtigkeit, sondern auch einem ganz ausgeprägten Geschmack von Aprikosen oder Holunderblüten oder etwas ähnlichem. Das Redaktionsteam war geteilter Meinung, aber kann man wirklich Tiefgang von einem Philosophen erwarten, der grade aus einem 3mäderlhaus kommt?

Durchaus lernfähig

Nach ein paar Versuchen, die tatsächlich zu Geschmackserlebnissen führten, welche Weinkenner als elegant oder fein, aber komplex beschreiben würden, verlegten wir uns dann doch auf Rot. Und konnten so tatsächlich unser Weinwissen erweitern. Bei Rotweinen deutscher Winzer kann man nämlich sehr schön die Handwerkskunst bewundern. Es lohnt sich zum Beispiel, die selbe Traube nach unterschiedlichem Ausbau zu verkosten. In jedem Fall müssen die Produzenten aus nördlicheren Regionen viel Mühe in ihre Produkte stecken. Bei den Sonnenländern wie Spanien, Frankreich oder Chile muss der Winzer wenig tun oder den Wein gar zähmen. Da nämlich haut einem meist schon beim Geruch der Sommer um die Ohren. Hier beeindrucken schwere Körper und sehr viel Aroma, vor allem bei chilenischen Gewächsen kann man eigentlich nichts falsch machen. Zu diskutieren bliebe da meist nur, wie stark das zum Wein passende Rinderfilet dann gepfeffert sein darf. Die Antwort würde lauten, bei Chilenen wäre das egal, bei Spaniern mittel und bei Franzosen eher dezent. Aber das ist bei jeder Traube und jeder Zunge höchst individuell und soll hier keinesfalls als letztgültiges Urteil ausgelegt werden.

Im Eiskübel

Ob wir an diesem Stand etwas verkosteten, wissen wir nicht mehr. Auf jeden Fall probierten wir nichts aus dem fotogenen Eiskübel, denn zu diesem Zeitpunkt befanden wir uns schon mitten in unserer Rotweinphase.

Am Ende führt Alkohol zum Erfolg

Bei einem chilenischen Händler wurden wir dann auch fündig bei unserer immerwährenden Suche nach richtigen Drogen. Hier erstanden wir für günstiges Geld einen Pisco, welchem wir aber demnächst noch einen eigenen Artikel widmen werden. Dieser spirituöse Erfolg wurde dann kurz vor Ladenschluss noch mit einem kostenpflichtigen Gin Tonic besiegelt.

Gin Tonic

Der Gin von Brockman schmeckt so dermaßen überhaupt nicht nach Wacholder, dass der Gin Tonic daraus überaus passend mit einer Blaubeere und einer Pampelmusenzeste serviert wurde.

Denn was helfen einem 12 % Alkohol, wenn man nach gut drei Stunden Weinprobe tatsächlich nicht mal angeheitert die Messehalle verlässt? Zugegeben, so eine nüchterne Weinprobe kann schon Spaß machen. Und es ist ein wirklich schönes und empfehlenswertes Hobby für Leute, die sich für Drogen interessieren, aber keine Zeit mehr für einen anständigen Rausch haben. Wir aber werden uns, allein schon aus Platzgründen, jetzt aber keine Weinsammlung zulegen, sondern bis zur nächsten Weinmesseneinladung wie gehabt bei unseren recht seltenen Traubenbedürfnissen einfach zum Weinhändler um die Ecke gehen, wo wir nach Nennung von Anlass und Preisvorstellung zuverlässig etwas feines empfohlen bekommen.

Funkturm

Nüchtern, aber keineswegs ernüchtert verließen wir die Messe. Zumindest aber der Funkturm hatte alle Lichter an.

Die Sache mit dem Kratom

Der alte Affe

Alle haben sie einen gewarnt und man hat sich so ein bisschen gefühlt wie bei den Kindern vom Bahnhof Zoo, nur bei uns war das natürlich ganz anders, weil wir niemals fixen würden und überhaupt sind wir ja eh total vorsichtig und gar nicht so suchtgefährdet. Es war fast so wie man sich das so vorstellt, nur dass wir am Ende eben tatsächlich nicht komplett abgekackt und auf Opiaten hängen geblieben sind. Schwein gehabt. Knapp war’s trotzdem und ich kann nun aus eigener Erfahrung sagen, so ein Entzug  ist echt nicht witzig. Obwohl es in meinem Fall nur 2-3 Tage RLS (Restless Leg Syndrome) und frieren nach neun Tagen Dauerkonsum im Rahmen einer intensiven symbiotischen Verschmelzung mit einem Mitmenschen waren.

Mit einer bestimmten opioid wirkenden Pflanze habe ich die meisten Erfahrungen gesammelt. Sie ist völlig legal, nicht im BtmG gelistet und frei erhältlich, was ich persönlich nicht schlimm finde, da ich ohnehin eine Legalisierungspolitik unterstütze, aber das gehört hier jetzt nur am Rande bemerkt.

Die Rede ist von Mitragyna speciosa, allgemein auch bekannt als Kratom.

Als ich zum ersten Mal davon erfuhr, war ich gleich neugierig. Denn allgemein äußerten die Menschen in entsprechenden Chatrooms und Foren die Meinung, dass dieses Kraut ein sehr geringes Suchtpotential habe und ohnehin eher subtil wirke. Es wird zumeist in Pulverform angeboten und als Tee oder in Kapselform oral konsumiert.

Durch die subtile Wirkung ist Kratom recht alltagstauglich, aber auch nett für einen entspannten Abend. Da die Rauschwirkung einen nicht so umhaut, hat man in der Regel auch keine Probleme mit Blackouts oder der Verdauung. Es sei denn, man konsumiert täglich, was, entgegen der allgemeinen Meinung des Internets, durchaus recht fix zu einer körperlichen Abhängigkeit mit typischen Entzugssymptomen führen kann. Dennoch muss auch gesagt werden, ein Entzug von Kratom ist in der Regel nicht so intensiv wie der von starken Opiaten wie beispielsweise Morphium. Nicht, dass ich da persönlich großartige Erfahrungen hätte, solche Vergleiche ziehe ich vor allem aus Berichten von Freunden und dem gelobten Internet.

Tagtraum

Keine Tagträume, dafür Nebenwirkungen

Kratom ist auf jeden Fall nichts für Konsumenten, die es auf Nodding abgesehen haben. Nodding ist dieses Dösen im traumartigen Halbschlaf nach Opiatkonsum. Bei manchen Sorten ist es in höherer Dosierung zwar durchaus möglich, diesen Zustand zu erreichen, aber das geht meiner Erfahrung nach mit dementsprechend verstärkten Nebenwirkungen einher. Es stellt sich außerdem recht schnell eine unangenehme, anhaltende Übelkeit ein, wenn man den Zeitpunkt des Konsums bzw. Nachlegens nicht an der Nahrungsaufnahme ausrichtet. Will heißen, hat man zu viel oder zu wenig im Magen, beeinflusst das sowohl den Wirkungseintritt, als auch die Übelkeit und den allgemeinen Rauschverlauf.

Mir persönlich vermiest aber vor allem eine Nebenwirkung den Rausch, nicht nur bei Kratom. Denn von Opiaten bekomme ich Kopfschmerzen und da bin ich nicht die einzige. Etwa ab der Hälfte des Rauschs stellen sich fast immer oberflächliche aber dennoch fiese Kopfschmerzen ein, die auch den gesamten nächsten Tag kaum abklingen. Ist das nicht paradox? Opiate und Opioide sind allround-Schmerzmittel, die Kopfschmerzen auslösen.

Wenn ich ganz ehrlich bin, heule ich dem aber kein Stück nach. Die Nebenwirkungen sind mir den Rausch nicht wert und das ist auch gut so. Während des Rauschs fühlt man sich so schön geborgen in sich selbst. Es ist schon wahr: ein Opiumrausch – oder auch ein Kratomrausch – ersetzt psychologisch gesehen körperliche Nähe und Zuwendung und nimmt einem Angst und Sorgen. Wie bei allen anderen Mittelchen mit ähnlicher Wirkung liegt aber genau darin die Gefahr und wie immer gilt auch hier, das Maß macht das Gift.

Gestrandet

Betrunken stirbt es sich schöner – Trink- und Leseempfehlung im Dezember

Der Dealer hat endlich vernünftigen Stoff! Ein klarer Brand aus Trauben, den man angenehm auch pur trinken kann. Lange schon suche ich danach.

Gut, die Suche war nicht wirklich intensiv. Wenn ich wirklich Suchtdruck gehabt hätte, hätte ich mich in naheliegenden Stadtvierteln intensiver umsehen können. Aber als Berlin-Zuwanderer bin ich ein dörflicher Charakter und möchte mich nicht gern ohne triftigen Grund aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft entfernen.

Auf einmal aber steht da eine Flasche dieser göttlichen Essenz auf dem Regal. Und der Dealer weiß offenbar selber gar nicht so genau, was er da stehen hat. Wenn man nach Traubenbrand fragt, greifen er und seine Angestellten nämlich stets routiniert zu Grappa oder Hefe. Das aber sind keine Traubenbrände, denn sie wurden nicht aus dem reinen, vergorenen Saft destilliert, sondern aus Trester oder Hefetrub, nicht wirklich Abfall, aber doch Nebenprodukte der Weinherstellung. Und der Dealer ist eben ein Weinhändler, die Hauptgeschäftszeit ist nach acht Uhr abends mit nachbarschaftlicher Verkostung. In solcher Runde wird Schnaps eben für gefährlich gehalten und steht eigentlich nur als Deko über den Weinkisten

Sicher, es gibt ganz hervorragenden Grappa, vor allem seit Italiener in den 1990er mit hohen Preisen diese Spirituose für das distinguierte Bürgertum attraktiv machten. Es bleibt aber oft eine Schärfe, die Überwindung kostet oder durch umständlich lange Faßlagerung abgebaut werden muss. Den Traubenbrand dagegen kann man auch Nicht-Schnapstrinkern vorsetzen und hört dann nur: Oh, wie lecker.

Warum aber versteht keiner den Unterschied?

Einmal wird nicht mehr genug Schnaps getrunken. Zum anderen aber hat offensichtlich niemand „Tod in den Anden“ gelesen. Und diejenigen, welche es getan haben, glauben, es ginge um Morde oder Gesellschaftskritik und die üblichen Deutschlehrerprobleme.

Der Inhalt sei kurz zusammengefasst:

Die Geschichte Spielt im Nirgendwo und es passiert in erster Linie gar nichts. Die nicht passierende Handlung spielt in Peru in einer Polizeistation bei einer Wanderbaustelle im Hochgebirge. Die Arbeit auf der Baustelle ist hart und lebensgefährlich, das macht aber nichts, denn es gibt eine Kantine, wo sich jeder jede freie Minute bis Unterkante Oberkante mit Pisco zuschüttet, dem chilenischen Traubenbrand. Das reicht jetzt natürlich nicht für einen Roman, zudem es in diesem Außenposten der Zivilisation praktisch keine Frauen gibt. Aber zum Glück lauert ja, wie stets im Leben, der Tod in jedem Winkel. Nach Regenfällen krachen Steinlawinen die Abhänge hinunter und in der Einöde treiben Terroristen vom maoistischen „Leuchtenden Pfad“ ihr Unwesen und bringen, in Ermangelung echter Klassenfeinde auch alle anderen Andersdenkenden um. Die Terroristen nun tauchen gar nicht auf, machen aber trotzdem allen Angst.

Tatsächlich und konkret sind drei Arbeiter von der Baustelle verschwunden und der eigens aus der Stadt versetzte Polizeioffizier Lituma soll die Fälle aufklären. Dazu findet er sich oft in der Kantine ein und trinkt Pisco, serviert von den Wirtsleuten, dem ambitionierten Ehepaar, Dionisio und Adriana. Praktischerweise avancieren die Schankleute schnell zu Litumas Hauptverdächtigen.

Der Fall bleibt ungelöst

Für die objektive Beweissicherung eher unpraktisch ist allerdings der Umstand, dass es sich um Personifikationen antiker Gottheiten handelt, nämlich den Weingott Dionysos und Ariadne, die Frau mit dem roten Faden. Während der promillelastigen Ermittlungen ergibt sich, dass die Wirtsleute wahrscheinlich in der Kantine Bacchanale veranstaltet haben, bei welchen die versammelte Arbeiterschaft die Verschwundenen als Menschenopfer verspeiste. Der Mensch Dionisio jedenfalls ist überzeugter Anhänger eines alten Indio-Glaubens, demzufolge rachsüchtige Berggeister ständig die Menschen bedrohen und daher besänftigt werden müssen, Menschenopfer beim Straßenbau gehören zur liturgischen Routine. Der Wirt und seine Frau sind nicht nur Priester dieses Kultes, sie sind die personifizierten Götter, archaisch und unbarmherzig, die ganz alte Schule. Die Gnade, mit der Abrahams jähzorniger Gott einst auf das väterliche Menschenopfer verzichtete, ist diesen altvorderen Torheit und Ärgernis, die sie nicht weiter kümmert. Natürlich kommt der Fall zu keinem Abschluss, Humbug und Aberglauben sind schließlich nicht justiziabel.

Der Roman handelt vom langsamen Vordringen der Zivilisation in die Lebensvernichtende Wildnis. Mühselig wird eine Straße in und aus dem Berghang gehauen. Und immer wieder machen Bergstürze die Arbeit zunichte. Dionisios leistet dabei natürlich auch seinen Beitrag zur fotschreitenden Zivilisierung. Er hat von der Küste den echten Pisco gebracht, damit die Arbeiter nicht mehr Fusel aus Trester oder Rum saufen müssen. Der Brand aus dem echten Wein nämlich hat ganz besondere Qualitäten. Die zeigen sich bei erfolgreicher Geisterbeschwörung und außerdem macht guter Brand keinen Kater.

Mario Vargas Llosa ist, als einer der großen südamerikanischen Schriftsteller, Pflichtlektüre für Bildungsbürger. Für oder gegen ihn, je nach Präferenz, spricht sein Bekenntnis zum Neoliberalismus, das macht Vargas Llosa in der sonst eher sozialistisch eingestellten Schriftstellerlandschaft Lateinamerikas zu einer besonderen Persönlichkeit. Als Gegenkandidat von Fujimori hat er sich sogar mit der Berwerbung auf das Höchste Staatsamt Perus politisch eindeutig betätigt. Das behinderte aber nicht seinen Nobelpreis für Literatur.

Fürs Leben lernen mit Literatur

Ungeachtet aller politischen Präferenzen können wir aus dem Buch wichtige Schlüsse ziehen: Schnaps ist das Mittel der Wahl für alle, die mal die Zivilisation hinter sich lassen wollen oder müssen. Als Rohstoff wäre Getreide, zumal ukrainisches, für uns Deutsche dabei aber nicht unbedingt die erste Empfehlung. Es könnte bei der Beschwörung vorzivilisatorischer Geister zu unguten, kulturellen Synergieeffekten kommen. Viel lieber sollten wir uns auf die Verbindungen zur uralten Zivilisation des römischen Reiches und deren staatstragenden Traubensaft besinnen. Schließlich hat sich ja auch unser Erlöser, der sich endgültig zwischen uns und den potentiell Menschenfressenden Rachegott stellte, als Erlöser zu erkennen gegeben, in dem er in der Stunde des Mangels hochwertigen Wein produzierte.

In diesem Sinne wünscht die drogenpolitik allen Lesern betrunkene Weihnachten

Traubenbrand

Berliner Stout Brand – der umständlichste Schnaps der Welt

Schnaps im Glas

Brewbaker macht endlich richtig harte Drogen mit ordentlich viel Alkohol drin. Zur Verkostung und zum Verkauf stand in der Brauerei ein Stout-Brand mit soliden 40 Umdrehungen. Aus hauseigenem Schwarzbier destilliert, wurde das Wässerchen dann einige Jahre auf Holz gelagert, sogar verschiedene Sorten sind im Angebot. Die Chefin kredenzte dem neugierigen Besucher die No. 3, „Dunkle Premium-Röstung“, diese erste Empfehlung war direkt ziemlich lecker und wanderte in den Einkaufskorb. Da erstanden wir also ein Fläschchen feinen, deutschen Kornbrand, durch Ausbau auf Holzspänen wurde daraus sogar so etwas wie ein richtiger Whisky. Das Getränk ist sehr edel und macht sich auch hübsch im Glas. Ein wirklich angenehmer Absacker, auch gut zum Wachwerden um 9 Uhr Abends, wenn ein Abgabetermin unangenehm nahe gerückt ist oder man seit einem Monat keine Blogbeiträge mehr veröffentlicht hat.

Über die subjektiven Eindrücke einer Spirituose könnte man nun viel reden, vom Lesen allein wird aber keiner betrunken und am Ende schmeckt es jedem anders. Konkrete Werte sind da viel interessanter. Der Tropfen hat nämlich einen nicht unerheblichen Makel, welcher dringend kommuniziert werden muss: Der Spaß ist unglaublich teuer. Eine Flasche ist nun mit 25 Euro durchaus bezahlbar und ein nettes Mitbringsel. Bis man dann realisiert, dass da nur ein Viertel Literchen drin ist. 100 Euro kostet der Liter, meine Herren, selbst hochwertige Spirituosen müssen sowas schon mit einem alten Namen, besonders getöntem Flaschenglas oder einer schicken Geschenkverpackung rechtfertigen.

Das ist echt ein Unfall, anders kann man das nicht nennen. Das streiten die Brauer auch gar nicht ab. Der Schnaps entstand nämlich äußerst umständlich. Es fing wohl an mit ein paar tausend Litern Stout, bestellt und nicht abgeholt. Da wollte jemand den St.-Patricks-Day feiern und hatte vergessen, Iren einzuladen. Kann ja mal passieren. Immerhin besser als bestellt, abgeholt und dann nicht bezahlt. Nachverhandeln ist der Euphemismus für solche betrieblichen Unglücke auf Manager-Sprech und die sind für Mittelgroßunternehmer immer ein schöner Grund, mit huldvoller Miene zu verkünden, dass es dieses Jahr wieder kein Weihnachtsgeld gibt. Was aber macht ein Kleinunternehmer mit einer mittelkleingroßen Menge nicht besonders haltbarem Schwarzbier? Vergammeln lassen? Ja, das geht. Das ergibt Essig, der ist sogar gar nicht schlecht. Aber jetzt auch kein Hammer, leider kein 1000jähriger Bio-Balsamico oder so, sondern halt einfach so ein normaler, milder Salat-Essig. Der trägt die Verluste nicht. Also haben sie das meiste Bier zu einer Schnapsbrenne gekarrt, den Brand auf Fässer mit Holzspänen gezogen und so lange da liegen gelassen, bis der Frust über den verunglückten Auftrag einigermaßen verflogen war.

Immerhin, nach nur drei Jahren auf dem Holz kann der Berliner Stout-Brand sogar mit einem richtigen Single Malt mithalten. Gegengetestet wurde ein Duty-Free-Impulskauf zu 60 Euro/Liter, der, laut Etikett seine 12 Jahre im richtigen Holzfass auf dem Buckel hatte. Und die nehmen sich beide nichts, da macht der dreijährige Berliner keine schlechte Figur. Beide haben noch eine leichte Schärfe, die kann man so lassen, damit es sich nach Schnaps anfühlt, die kann man aber auch mit einem Tropfen Wasser rundschleifen. Das Ergebnis ist ein weicher Brand, edel und nachhaltig in den Aromen, aber nicht aufdringlich. Ob das Schwarzbier durchschmeckt, weiß ich nicht. Ich kann das nicht erkennen und ein einfaches Maischen von Malz ohne das Brauen wäre bestimmt ein bißchen billiger gekommen. Andererseits, wenn man sich mal andere Produkte aus Kleinbrennereien ansieht, die kosten auch alle ähnlich viel und werden aus Rücksicht auf die Psyche der Kunden ebenfalls in kleinen Fläschchen unter die Leute gebracht. Da schlagen sich eben immer Arbeitsaufwand und vor allem die Steuern nieder. Der Staat will schließlich auch fleißig von unserem Rausch profitieren, irgendwer muss ja die Infrastruktur eines Hochlohnlandes ersaufen. Trinken also ist immer förderlich für den Staatshaushalt und wenn es dem Staat gut geht, geht es auch den Menschen gut. Wem das zu unpersönlich ist, der konsumiere bewusst, hochwertig in kleinen Mengen und folge dem Motto der Drogenpolitik: Unterstützt die Brauer und Brenner in Eurer Nachbarschaft!